Der Kompromiss zur Pflegereform: Wie befürchtet eine Null-Lösung

Wie zu erwarten, konnte bei den vielen diskutierten Modellen und Finanzierungsvorschlägen zur Pflegereform, keine befriedigende Lösung herauskommen. Dass dies so kommen musste, war bereits seit längerer Zeit abzusehen: Fällt die Pflegereform aus? Im selbst ausgerufenen Jahr der Pflege wurde das Reformvorhaben mehrmals verschoben und verschiedene Konzepte im Koalitions-Hick-Hack zerrissen. Dieses Wochenende wurde eine Lösung präsentiert mit der keiner zufrieden ist.

0,1 Prozent mehr Pflegeversicherungsbeitrag
Ab 2013 soll der Beitrag für die gesetzliche Pflegeversicherung um 0,1 Prozentpunkte angehoben werden. Kinderlose würden somit 2,3 bezahlen und Versicherte mit Kindern 2,05 Prozent. Dies soll an 2013 etwa eine Milliarde Euro in die unterversorgten Kassen der Pflegeversicherung spülen. Das Geld soll vor allem für die Pflege von Demenzkranken eingesetzt werden. Nach welchen Kriterien dies geschieht, wurde nicht bekannt gegeben. Eine neuen Begriff der Pflegebedürftigkeit – wie auf den Seiten des Gesundheitsministeriums angekündigt – wird es nicht geben. Die ungenügende Einteilung in drei Pflege-Stufen aufgrund von „Minutenpflege“ bleibt somit bestehen. Demenzerkrankte werden somit auch in Zukunft nur unangemessene Leistung aus der Pflegeversicherung erhalten. Für eine bessere Versorgung von Demenzkranken wäre laut Experten-Meinungen sechs Milliarden Euro notwendig.

Pflege-Bahr nur für Besserverdiener
Zusätzlich soll es kapitalgedeckte und geförderte Ergänzungsversicherung richten, die nach dem Bundesgesundheitsminister „Pflege-Bahr“ genannt wird. Diese private Pflegezusatzversicherung soll nach dem Prinzip der Riesterrente funktionieren. Ursprünglich hatte die FDP eine verpflichtende Zusatzversicherung geplant. Der Pflege-Bahr wird wahrscheinlich nur etwas für Besserverdiener. Der Bevölkerungsteil der später von Altersarmut betroffen sein wird, kann sich einen Pflege-Bahr nicht leisten. Wie genau der Pflege-Bahr gefördert wird und wann dieser kommt, steht noch nicht fest. Dass eine Kapitaldeckung auch gefährlich sein kann, zeigen die aktuellen Probleme der privaten Krankenkasse aufgrund der Finanzkrise.

Kritik von allen Seiten
„Mini-Reförmchen“ – „Bitte kein Pflege-Bahr“ – „Das Jahr der Pflege als Rohrkrepierer“ sind die einstimmigen Kommentare von Pflege-Experten und Pressen. Der Opositions-Politiker der SPD Karl Lauterbach befürchtet sogar, dass viele Heime insolvent gehen werden. Diese hätten auf eine große Reform gewartet und bereits Investitionen getätigt. Auch eine Zunahme der Schwarzarbeit im ambulanten wird befürchtet. Selbst aus den eigenen Reihen kommt Kritik. FDP- und Unions-Politiker sehen den Pflege-Bahr als ein Bruch des Koalitionsvertrages, der eine Pflichtversicherung vorgesehen hatte. Die Mini-Reform wird aus den eigenen Reihen als „enttäuschend“ und „desaströs“ verurteilt. Am größten wird die Enttäuschung aber bei den vielen Pflegebedürftigen, Demenzkranken und Angehörigen sein, die in naher Zukunft mit einer Verbesserung ihrer Lage gerechnet hatten. Das „Jahr der Pflege“ ist ein blanker Hohn geworden. Einzige Hoffnung ist ein baldiges Ende dieser in mehrerer Hinsicht unfähigen Koalition.

 

Ein Artikel von Alex (Google+).

 

Alexander Keller

Ehemaliger Chefredakteur vom Wohnen im Alter Magazin.

3 Antworten

  1. Sebastian sagt:

    Wie der Freitag sich neigt, so der Sonntag sich zeigt

  2. Linus sagt:

    Der Facebook Gefaellt mir Button wuerde sich gut im Blog machen, oder ist er mir entgangen?

  1. 20. Januar 2012

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