Erstes Demenzdorf in Deutschland geplant

Das Demenzdorf in HogeweyIn Alzey soll das erste Demenzdorf in Deutschland entstehen. In dem „Stadtquartier für Menschen mit Demenz“ werden 120 pflegebedürftige Menschen leben. Bevor das Projekt umgesetzt werden kann, muss die Stadt Alzey noch zustimmen. Als Modell dient das innovative Demenzdorf „De Hogeweyk“ in Amsterdam, dessen Pflege ähnlich der eines Heimes strukturiert ist. In Rheinhessen setzt man dagegen lieber auf ambulante Versorgung. Eckhard Feddersen, der zuständige Architekt, plant normalerweise Büros. Doch für dieses neue Lebensmodell hat er ein Konzept entwickelt, das beschütztes Wohnen innerhalb einer quartiersähnlichen Gemeinschaft ermöglichen soll. 120 demenzkranken Bewohnern stehen dabei 10 Wohngruppen und rund 12000 Quadratmeter zur Verfügung. Jede Wohngruppe ist auf einen bestimmten Lebensstil ausgerichtet. Beim niederländischen Vorbild können die Bewohner beispielsweise das Charakteristikum „städtisch“ oder „kulturell“ wählen.

Die Besonderheit dieser Wohnform liegt darin, dass sich die Demenzkranken frei in ihrem „Viertel“ bewegen und sogar mit einer eigenen Währung einkaufen können. Das Demenzdorf „De Hogeweyk“ bietet seinen Bewohnern zusätzlich einen Friseur, ein Café und mehrere Grünflächen. Verschiedene technische Überwachunssysteme sollen vor allem Senioren im fortgeschrittenem Demenzstadium vor Selbstgefährdung schützen.
Die Projektplaner werben schon jetzt damit, dass die Lebenskosten in ihrem „Demenzdorf“ deutlich geringer seien als ein Heimaufenthalt. Die Träger, Bennewitz und Georgi, rechnen im Voraus mit einem monatlichen Eigenanteil von maximal 1400 Euro. Kritiker weisen allerdings auf die starke Abschottung der Erkrankten hin. Es bestehe zwar keine Kasernierung, aber eine starke Überwachung. Einerseits diene diese dem Schutz der Demenzkranken, andererseits werde dadurch aber auch der Kontakt zur normalen Bevölkerung auf ein Minimum beschränkt.

Alexander Keller

Ehemaliger Chefredakteur vom Wohnen im Alter Magazin.

15 Antworten

  1. Gabi sagt:

    Ich finde das toll. Ich arbeite selber in der Demenzpflege und möchte mir mit unserer Tochter, die auch in der Pflege tätig ist, gerne mal anschauen.
    LG Vivien u. Gabi

  2. Andrea Bredow sagt:

    Ich verstehe nicht, warum da soviel diskutiert wird. Diese Generation hat damals auch nicht viel diskutiert, sondern gehandelt. Sie haben es sich verdient, in ihrer eigenen Welt zu leben, egal wie sie aussieht, ob sie realistisch ist, oder nicht. Es geht meistens doch nur darum, dass es für andere einfacher und leichter ist. Wer weiss denn, was sich ein Demenzkranker wünscht? Wer weiss, ob er, wenn er noch selbst entscheiden könnte, nicht genau dieses Modell wählen würde? Ich arbeite nun seit knapp 5 Jahren mit Demenzkranken und finde das Demenzdorf eine wirklich tolle Sache, die mich am liebsten euphorisch vom Stuhl reißen würde, um dort mitzumachen, oder zu arbeiten, oder es mit aufzubauen, oder, oder, oder. Da haben sich Menschen Gedanken gemacht, und werden von Paragraphen und Co nur aufgehalten und es werden Jahre verplempert. Es gibt moderne Geräte, die Alarm auslösen, wenn sich jemand zu weit entfernt, und das nicht, um sie in ihrer Freiheit einzuschränken, sondern sie in Sicherheit zu halten. Ich wünsche mir und uns, dass dieses Modell Zukunft hat, und wir endlich etwas zurückgeben können und zuküntig auch besser vorbereitet sind.

  3. Christel sagt:

    Gibt es Neuigkeiten bezüglich des Bau- und Genehmigungsverfahrens ? Ist mit einer Eröffnung zu rechnen und wo kann man sich hin wenden und erkunden oder auch anmelden ?
    Allen Kritikern rate ich mal Demenzkranke die ja nicht unbedingt sehr alt und gebrechlich sind, in einem normalen Pflegeheim zu besuchen. Dort sind sie nur weggesperrt.
    Ich halte dieses Projekt für eine sehr gute Sache.

  4. Stephan sagt:

    ich kann da nichts dran finden .Dorf na ja,unter Dorf verstehe ich was anderes .In der Schule kenne ich den Begriff Inklusion .Ein Miteinander. Im Alter sagen wir dann Dorf ,alleine und vielleicht am Stadtrand .

  5. ursula sauerbaum sagt:

    Ist es möglich , den Ehemann mit aufzunehmen ?

  6. Konstanze sagt:

    Ich stimme dem voll Mika zu! Denn ich arbeite im soz. Bereich in einem Seniorenheim.

  7. Mika sagt:

    Ich möchte mich zur „ghettorisisierung“ äußern ! Ich denke das der Aufenthalt in einem Demenz Dorf bei weitem angenehmer ist als auf einer geschlossenen Station !oder in einem Pflegeheim in dem 3 Pflegekräfte für 30 Bewohner zuständig sind ! Ich bin sehr gespannt wie sich das Projekt entwickelt und sehe dem Konzept optimistisch entgegen!

  8. Hallo Herr Bennewitz,
    grundsätzlich ist jede Verbesserung in der Betreuung von Menschen mit Demenz zu begrüßen. Ob das von Ihnen favorisierte Modell eines Demenzdorfes zukunftsweisend ist, möchte ich bezweifeln und gerne offen mit Ihnen diskutieren. Unsere Erfahrungen zeigen, dass wir mit einer wohnortnahen und quartiersbezogenen Betreuung in Wohngemeinschaften den Bedürfnissen von Demenzkranken am ehesten gerecht werden. Bei einer Kapazität von 120 – 150 Wohnungen kann man keinen Sozialraumbezug herstellen.
    Zu Ihrem Beitrag vom 24.04.12 möchte ich anmerken, dass die Anwendung von technischen Lösungen
    (Überwachung, Ortung von Personen) ebenso wie freiheitsbeschränkende Maßnahmen, genehmigungspflichtig sind.
    ich würde gerne mit Ihnen in einen Dialog eintreten.

    Herzliche Grüße

    Wilfried Wesemann

  9. Jan Bennewitz sagt:

    Als Planer und Initiator des geplanten Stadtquartiers für Menschen mit Demenz möchte ich auf eine falsche Behauptung in dem Artikel hinweisen, die daraus resultiert, dass die Informationen aus zweiter oder dritter Hand stammen. Zu keinem Zeitpunkt haben wir uns zur freien Beweglichkeit der demenzkranken Bewohner im geplanten Stadtquartier geäußert. Es ist falsch, dass die Bewohner das Quartier nicht verlassen dürfen – das ist bei einer ambulanten Wohnform u.E. rechtlich auch gar nicht möglich. Vielmehr soll durch technische Einrichtungen gewährleistet sein, dass die Bewohner nicht unbemerkt das Quartier verlassen und sich ggf. in eine selbstgefährdende Situation bringen.

    Jan Bennewitz

    • Alexander sagt:

      Lieber Herr Bennewitz,

      vielen Dank für Ihr Kommentar und für die Aufklärung des Tatbestandes. Wir haben im Artikel nur eine Kritik wiedergegeben, wie Sie in manchen Medien geübt wurde. Dies sollte keine Vorab-Bewertung Ihres Projekt sein. Die Kritik bezieht sich nicht darauf, dass die Bewohner eingesperrt seien, sondern darauf, dass angeblich ein normaler Umgang mit dem Lebensumfeld außerhalb der Anlage nicht möglich sei. Das Projekt „De Hogeweyk“ hat aber gezeigt, dass dort Demenzkranken unter besseren Bedingungen leben können, als bei mancher häuslicher oder stationärer Betreueung. Uns würde es freuen, wenn Sie uns mehr Informationen zu Ihrem Projekt zukommen lassen könnten, damit wir diese auf Wohnen-im-Alter.de aufnehmen. Die Kontakt-Informationen finden Sie hier: Kontakt
      Freundliche Grüße
      Alexander Keller

  1. 15. Juni 2012

    […] der Dienstleistungsanbieter hervorzuheben, gehen manche Betreiber ungewöhnliche Wege. So soll in Alzey (Rheinland-Pfalz) ein Dementendorf nach niederländischem Vorbild entstehen. Der Pflegekomplex wird Platz für 120 Patienten bieten […]

  2. 30. August 2012

    […] […]

  3. 30. Juli 2013

    […] Eröffnung von Deutschlands ersten Demenzdorf in Alzey war ursprünglich für 2014 geplant, doch dieser Termin wird wahrscheinlich nicht zu halten sein. […]

  4. 2. Oktober 2013

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