Kosten der medizinischen Versorgung in Pflegeheim

Wie setzen sich Pflegeheimkosten zusammen und warum sind sie so hoch?

Vor allem durch die Diskussion um eine Pflegeversicherungsreform rückt die Versorgung im Alter aktuell wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Manche Medien titeln bereits mit einem „Pflegenotstand„.  Die Kosten für professionelle Pflege in Deutschland sind sehr hoch. Am höchsten sind die Kosten in der stationären Pflege. Die Pflegeheim-Kosten setzen sich zusammen aus Pflegesatz, Unterbringung, Verpflegung und Investitionskosten und bieten nur wenige Einsparmöglichkeiten. Ein Kosten-Faktor, der noch Potenzial für Einsparungen bietet, ist der Faktor medizinische Versorgung in Pflegeheimen. Die ärztliche Versorgung ist in vielen Pflegeheimen noch unbefriedigend. Dementsprechend unter Zugzwang versucht die Regierung durch neue Regelungen das Problem in den Griff zu bekommen. Dass diese (noch) nicht wirklich greifen, zeigt schon eine Studie aus dem Jahr 2005. Bereits damals wurde eine nicht ausreichende ärztliche Versorgung in Altenheimen festgestellt. Daran änderte auch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz von 2008 (§ 119b SGB V) nicht viel.

Bis heute findet die informelle Kooperation von Einrichtungen und Haus- bzw. Fachärzten meist nur in Ballungszentren statt und auch da wäre sie noch deutlich ausbaufähig. Die Honorarerhebungen für Ärzte fallen immer noch sehr unterschiedlich aus. (Insbesondere die medizinische Versorgung von Heimbewohnern wird meist nur gering vergütet). Dementsprechend kommt es zu Engpässen überall dort, wo die Vergütung unter dem Durchschnitt liegt.
Eine Kooperation der Kassen bzw. Ärzte hätte folglich neben einer effektiveren Behandlung auch weniger Krankhauseinweisungen zur Folge. Um die medizinische Versorgung zu optimieren müssen jedoch erst einmal die vier Hauptkostentreiber reduziert werden.
1. Organisation der ärztlichen Versorgung
In der Regel kümmert sich das Pflegepersonal um die Organisation der medizinischen Versorgung. Diese bedingt einen extrem hohen Verwaltungsaufwand. So fallen zum Beispiel für die Visite im Heim pro Bewohner und Jahr zwischen 51 und 203 Euro an. Eine unnötige Krankenhauseinweisung kostet sogar bis zu 400 Euro (pro Fall). Dazu kommen noch weitere laufende Kosten wie z.B. die Medikation (345-406 Euro pro Bewohner und Jahr).

2. Koordination und Begleitung ärztlicher Visiten
Da viele Heime über eine große Anzahl von Hausärzten verfügen, müssen sehr unterschiedliche Behandlungsintervalle beachtet werden. (Manche Heime mit mehr als 100-Betten koordinieren rund 40 Ärzte oder mehr). Pro Visite werden im Schnitt 10 Minuten Behandlung durch den Arzt und 5 bis 20 Minuten Visitenbegleitung durch das Heimpersonal berechnet. Die Visiten erfolgen idealerweise mindestens alle zwei Wochen.

3. Zeitaufwand für Medikation
Die Versorgung mit Arzneimitteln gehört mit zu den zeitintensivsten und daher teuersten Faktoren. Sie beinhaltet unter anderem das Rezeptmanagement, die Rezeptbestellung und Besorgung (bzw. den Wareneingang) sowie die Verabreichung. Je nach Zusammenarbeit von Arzt und Apotheke entsteht so ein Zeitaufwand von 17 bis 20 Minuten pro Bewohner und Woche. Dies entspricht bei einer Einrichtung mit 100-Betten 1700 Stunden (36 000 Euro) pro Jahr.

4. Unnötige Krankenhauseinweisungen
Eine unnötige Krankenhauseinweisung bedingt nicht nur innerhalb der akuten Phase einen hohen Personalaufwand, sondern auch bei der Wiedereingliederung. Wie dieser Kostentreiber minimiert werden kann, zeigt das „Berliner Projekt“. Dort gelang durch eine bessere medizinische Betreuung, die Reduzierung der Einweisungen um 50 Prozent.

Möglichkeiten der Kostensenkung
Bessere medizinische Versorgung setzt eine vorangegangene Analyse der Prozessabläufe voraus. Allein die Reduzierung der in Anspruch genommenen Ärzte, verringert den Verwaltungsaufwand erheblich und erleichtert meist auch die Medikation. Wenn eine Einrichtung ihre Rezepte bei nur einer Apotheke (mit Blisterzentrum) kauft, reduziert sich der Verwaltungsaufwand nochmals. Zusätzlich können ärztliche Bereitschaftszeiten die Organisation erleichtern. Das „Stuttgarter Modell“ arbeitet beispielsweise mit einer Rufbereitschaft von 7 bis 19 Uhr jeweils von Mo bis Freitag.
Mit diesen Maßnahmen kann eine Einrichtung mit 100-Betten – nach vorsichtigen Schätzungen- rund 10 000- 20 000 Euro pro Jahr einsparen.

Quelle: Was die ärztliche Versorgung im Heim so teuer macht. In: Altenheim. Lösungen fürs Management. Ausgabe: 4. 2012

Alexander Keller

Ehemaliger Chefredakteur vom Wohnen im Alter Magazin.

Eine Antwort

  1. Räbiger sagt:

    Pflegeheimkosten = Heimentgelte setzen sich aus 4 Komponenten zusammen.
    1. Pflegesatz (Personalkosten; Sachkosten;Altenhilfeumlage) 1.197,33 mtl. 39,39 tgl.
    2. Unterkunft (Warmmiete wie Heizung etc.) 442,61 14,56 tgl
    3. Verpflegung (Personal,Wareneinsatz) 341,01 11,28 tgl
    4. Investitionskosten (Kaltmiete) 519,57 17,10 tgl

    Gesamtkosten 2.500,52 82,33 tgl
    abzüglich anteilige Pflegekassenanteil ./. 1.023,00 ./. 33,65 tgl
    verbleibender Eigenanteil 1.477,52 48,68 tgl

    Dies zeigt der Bewohner hat 174,33 € im Monat oder tgl. 5,74 € aufzugbringen.
    Das Hotel mit Vollverpflegung kostet damit täglich (48,68 ./. 5,74) 42,94 €.

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