Wohnungsmangel im Alter: 1,6 Millionen Seniorenwohnungen fehlen

Laut der aktuellen Studie „Wohnsituation im Alter“ des Eduard Pestel Instituts wird in den nächsten 15 Jahren die Nachfrage nach seniorengerechten Wohnungen dramatisch steigern. Ausgehend von einer Modellrechnung, geht das Institut von einem Bedarf von 2 Millionen barrierefreien Wohnungen bis 2025 aus, bei einer Anzahl von 10 Millionen Seniorenhaushalten (70 Jahre oder älter). Nach Schätzungen gibt es bisher nur ca. 400.000 seniorengerechte Wohnungen in Deutschland. Dies bedeute, dass in den nächsten 15 Jahren über 1,6 Millionen barrierefreie Wohnungen geschaffen werden müssten. Hierbei sind vor allem Bund. Ländern und Kommunen gefordert.

Was ist eine barrierefreie Wohnung?

Eine barrierefreie Wohnung ist sowohl dem Bedarf von Menschen mit Behinderungen, als auch an dem Bedarf von alternden Menschen ausgerichtet. Barrierefreiheit soll es diese Menschen ermöglichen, trotz Einschränkungen selbstbestimmt und unabhängig zu Leben. Gerade im Alter kann Barrierefreiheit dazu führen, dass eine Pflegebedürfigkeit nicht eintritt und ein selbständiges Leben möglichst lange möglich ist. Eine barrierefreie Wohnung verringert die Häufigkeit der Stürze und kann zur Aktivierung im Alter beitragen. Der barrierefreie Umbau einer bestehenden Wohnung ist in der Regel mit hohen Kosten verbunden. Zum Teil können diese Kosten finanziert werden: Von der Pflegekasse, bei einer vorhandenen Pflegestufe, durch regionale Förderung oder durch günstige KfW-Kredite. Oft sind die Kosten für viele Senioren einfach zu hoch. Auch sind viele Immobilien nicht für einen Umbau geeignet, da diese zu klein oder nicht ebenerdig sind. Deshalb bedarf es in Zukunft angesichts einer zunehmenden Altersarmut, vor allem Millionen von kleine, preisgünstige Seniorenwohnungen.

Warum fehlen in Zukunft so viele Seniorenwohnungen?

Hauptgrund ist der demographische Wandel, aber auch die Politik trägt eine Mitschuld. Bisher wurde im Wohnungsbau vor allem auf Privatisierung und energetische Sanierung gesetzt. Private Wohnbaugesellschaften haben bereits seniorengerechten Wohnraum geschaffen, aber dieser ist in der Regel selten preisgünstig und reicht in Zukunft lange nicht aus. Auch der Wohnungsbestand wird laut Prognosen nicht dazu ausreichen, genügend barrierearmen Wohnraum zu schaffen. Da die Barrierefreiheit im Bestand nur selten wirtschaftlich realisierbar ist, kommt der weit überwiegende Zuwachs an barrierefreien Wohnungen über den Neubau und dabei nahezu ausschließlich über den Geschosswohnungsneubau. Beim heutigen Niveau des Geschoss- wohnungsneubaus von nur 50.000 bis 60.000 Wohnungen pro Jahr reicht selbst die vollständige Errichtung der neuen Geschosswohnungen als barrierefreie Wohnungen nicht aus, um die „Zielzahl“ im Jahr 2025 zu erreichen.

Welche Alternativen gibt es?

Als eine Alternative bieten sich alternative Wohnformen an. Für Wohngemeinschaften fehlen vielerorts ebenfalls passender Wohnraum. Auch ist das Modell des gemeinschaftlichen Wohnens nicht für jeden geeignet. Eine weitere Alternative ist das Auswandern in Länder mit niedrigeren Lebenserhaltungskosten. Zum Teil hat das Ausland zusätzlich den Vorteil, dass dort die Rente nicht versteuert werden muss (mehr Informationen dazu finden Sie im Ratgeber Wohnen im Alter im Ausland). Sei es bei schlechter Versorgung im Krankheitsfall oder bei Pflegebedürftigkeit, da die deutsche Pflegekasse die Pflege-Kosten im Ausland nur zu einem kleinen Teil oder gar nicht übernimmt. Auch ist für viele Senioren Auswandern keine Familie, da diese in ihrem sozialen oder familiären Umfeld bleiben möchten. Das Fehlen von seniorengerechten Wohnungen könnte in Zukunft dazu führen, dass noch mehr Senioren in Pflegeheime oder Betreutes Wohnen umziehen müssen als ursprünglich prognostiziert. Dies könnte zu noch höheren Pflegekosten führen, da die stationäre Pflege, deutlich mehr kostet als die häusliche. Um dies zu vermeiden, wäre ein barrierefreies Wohnungsprogramm dringend notwendig. Leider reagiert die Politik erst dann, wenn es schon zu spät ist.

Alexander Keller

Ehemaliger Chefredakteur vom Wohnen im Alter Magazin.

5 Antworten

  1. Mario Schwarz sagt:

    Gut zu wissen, dass nicht viele Immobilien für den Umbau geeignet sind, da sie entweder zu klein oder nicht ebenerdig sind. Meine Mutter möchte aufgrund ihres hohen Alters in eine altengerechte Wohnung ziehen. Ich bin aktuell noch auf der Suche nach einem kompetenten Anbieter für sie.

  2. Florian sagt:

    Erstaunlich, dass es noch über 1 Million Seniorenwohnungen fehlen! Das finde ich eine sehr hohe Anzahl! Ich kann es gut verstehen, da die Bevölkerung immer älter wird. Aber ich bin mir sicher, dass die Politik etwas dafür bald machen wird. Danke für den Beitrag, sehr interessant!

  3. andreas stecker sagt:

    Vielen Dank für den interessanten Artikel über Seniorenwohnungen. Ich finde das Thema sehr spannend und habe im Internet auch schon einige gute Seiten gefunden.

  1. 4. Juli 2013

    […] Hilfsbedürftigkeit betreut werden. Das Konzept basiert auf drei Grundpfeilern. Estens müssen für Seniorenwohnungen, Gemeinschafts- und Pflegeangebote und Hilfe geschaffen werden. Zweitens müssen auch statioäre […]

  2. 19. Dezember 2013

    […] in Deutschland droht der soziale „Wohn-Abstieg“ so lautet das Ergebnis der Studie „Wohnen 65plus“. Das Pestel-Institut macht damit auf die […]

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