BGH-Urteil: Kinder zahlen Elternunterhalt auch bei Enterbung oder Entfremdung

Neues Urteil zum Elternunterhalt

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Kinder sind selbst nach Abbruch des Kontaktes gesetzlich verpflichtet, für den Unterhalt ihrer Eltern aufzukommen. Im behandelten Fall ging es um einen pensionierten Beamten aus Bremen, dessen Vater mit der Volljährigkeit seines Sohnes den Kontakt abgebrochen hatte. Zum bestanden Abitur wie zur geschlossenen Verlobung waren abwertende Kommentare, das einzige, was er von seinem Vater vernahm. Im Testament hatte dieser den Sohn sogar bis auf den „geringsten Pflichtteil“ enterbt. Um die Pflegekosten des Vaters zu decken, sprang das Sozialamt der Stadt Bremen ein. Als dieser jedoch verstarb, wandten sich die Behörden an den Sohn und verlangten die anteilige Rückzahlung der angefallen Heimkosten. Diese betragen um die 9000 Euro. Der Sohn klagte.

Enterbung keine „schwere Verfehlung“

Am 12.Februar 2014 fiel in Karlsruhe vor dem Bundesgerichtshof das finale Urteil. Die Richter befanden, dass der elterliche Anspruch auf Unterhalt auch in Fällen des Kontaktabbruchs nicht verwirkt sei. Sie beriefen sich auf die gesetzliche Reglung, dass nur unter den Umständen „schwerer Verfehlung“ dieser Anspruch aufgehoben werden kann. Laut Gerichtsurteil konnte im vorliegenden Sachverhalt keine Verfehlung dergestalt festgestellt werden. So ist der Sohn dazu verpflichtet, für die 9000 Euro Heimkosten seines Vaters aufzukommen. Laut Urteil des Bundesgerichtshofes ist die Enterbung keine „schwere Verfehlung“ des Vaters. Der Vater habe sich an der Erziehung des Sohnes maßgeblich beteiligt und habe somit ein Anrecht auf Elternunterhalt. Eine Möglichkeit Einspruch gegen einen Elterunterhalt einzulegen, gibt es bei schweren Verfehlungen, wie sexuellen oder körperlichen Übergriffen der Eltern. Allerdings kann es schwer sein, diese nach Jahrzehnten nachzuweisen. Kinder können auch dann Einspruch gegen den Elternunterhalt einlegen, wenn sich diese durch ein „sittliches Verschulden“ (z.B. Spielsucht) selbst arm gemacht haben. Wenn Eltern selber ihren Unterhaltspflichten für längere Zeiten nicht nachgekomen sind, können Kinder ebenfalls nicht dazu verpflichtet werden, Elternunterhalt zu zahlten.

Immer mehr Grenzfälle des Elternunterhalts

Begebenheiten wie die in Bremen schaffen es selten an die Öffentlichkeit, treten jedoch bundesweit zuhauf auf. Aus einer traurigen Familiengeschichte wird durch das Karlsruher Gerichtsurteil ein Fall mit entscheidender Bedeutung für die Gesamtgesellschaft. In diesem Punkt kommen einige gesellschaftliche Entwicklungen zusammen. Da ist zunächst der demographische Wandel, infolgedessen die Bevölkerung immer älter wird. Zu diesem gesellt sich das zunehmende Problem der Altersarmut. Es gibt also immer mehr alte Menschen mit weniger Geld, die auf staatliche Grundsicherung oder eben auf die finanzielle Unterstützung ihrer Kinder angewiesen sind. Gleichzeitig löst sich das traditionelle Familienbild auf. Dementsprechend werden immer mehr Scheidungskinder verzeichnet, die wenigen oder gar keinen Kontakt zu ihren leiblichen Eltern pflegen. Diese dennoch in die Pflicht zu nehmen, für den finanziellen Unterhalt derer aufzukommen, die vielleicht nur noch per Definition ihre Eltern sind, scheint jeder begrifflichen Grundlage zu entbehren. Letztlich geht es doch um den Gedanken der generationsübergreifenden Solidarität, der unabhängig von verwandtschaftlichen Verhältnissen einen wesentlichen Platz in unserer Gesellschaft einnehmen sollte. Das gesprochene Urteil in Karlsruhe mag so eine juristisch einwandfreie Entscheidung sein, wirkt menschlich jedoch äußerst fragwürdig.

Mehr Informationen zum Elternunterhalt
Mehr Informationen zu den Pflege-Kosten und Finanzierung

Gastautor

Dies ist ein Gastbeitrag und spiegelt nicht die Meinung der Redaktion oder von Wohnen-im-Alter.de wieder. Sie möchten einen Gast-Beitrag veröffentlichen? Dann kontaktieren Sie unsere Redaktion!

2 Antworten

  1. Michael sagt:

    Zitat: „Diese dennoch in die Pflicht zu nehmen, für den finanziellen Unterhalt derer aufzukommen, die vielleicht nur noch per Definition ihre Eltern sind, scheint jeder begrifflichen Grundlage zu entbehren.“
    Wenn ich diesen Satz lese, dazu noch in einem Artikel ohne Quellnachweise (Aktenzeichen?) und mit äußerst beschränkten „Fakten“ (9000Euro für welchen Zeitraum, wieviel hatte der Sohn tatsächlich an Geldmitteln im Monat zur Verfügung, usw., dann frage ich mich doch tatsächlich: Warum werden Eltern verpflichtet Unterhalt für Kinder zu bezahlen, die sie Verletzen, bestehlen, oder sonst irgendwie sich nicht „Unterhaltwürdig“ zeigen? Warum wird nicht gleich gefordert, den Generationenvertrag abzuschaffen und alle Last auf den Staat abzuwälzen?
    Leider finde ich in diesen „Artikel“ nichts, was Informativ ist … schade um den Festplattenplatz auf dem Server und schade um die Zeit, die man damit verbringt diese rein persönliche Meinung und scheinbar völlig unzureichend durchdachten Gedanken zu lesen 🙁

  1. 20. Dezember 2014

    […] Bundesgerichtshof entschied, dass Kinder gesetzlich verpflichtet sind, für den Unterhalt ihrer Eltern zu zahlen, auch wenn der Kontakt abgebrochen wurde. Kinder müssen also sowohl bei der Enterbung als auch bei […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert