Weihnachten mit Demenz
Wie das Fest mit dementiell erkrankten Angehörigen gelingt
Menschen mit Demenz sind schnell überfordert. Aber das Fest der Liebe bietet viele Möglichkeiten, Besinnlichkeit gemeinsam zu erleben und Erinnerungen aufzufrischen. Wenn Erwartungen und Stresspegel niedrig sind.
Weihnachten heißt Erinnerung
Gefühle gehören zu Weihnachten wie die Plätzchen zum Advent. So auch für Menschen mit Demenz. „Traditionen wecken Erinnerungen. So kann das Klingeln des Glöckchens vor der Bescherung kindliche Freude und Aufregung hervorrufen“, weiß Rosemarie Amos-Ziegler, Geschäftsführerin der WGfS (Wohngemeinschaft für Senioren). Auch Gerüche, Geschmäcker oder alte Lieder wie „Oh, du fröhliche“ aktiveren das Langzeitgedächtnis. Amos-Zielger: „Über 80-Jährige haben dann plötzlich ihren Auftritt als Engel beim Krippenspiel vor Augen.“ Oder sie erinnern sich, wie sie mit der Mutter Butterplätzchen gebacken haben.
„Feiern Sie das Fest möglichst reizarm“, rät die Demenz-Expertin. Reize können Erkrankte nämlich schnell überfordern. Neben lauter Musik zählt hierzu vor allem die Dekoration. „Blinkende und bunte Lichter sollten Sie meiden“, sagt die 57-Jährige, die mit 230 Mitarbeitern 148 Senioren stationär und 90 Senioren ambulant versorgt. Problemlos seien hingegen wenige, sanfte Lichtquellen oder Krippenfiguren.
Dasselbe gilt fürs weihnachtliche Abendprogram. „Alles muss nacheinander passieren. Zuerst das Essen, dann eine kleine Pause, anschließend das Geschirrabspülen und zur Krönung des Abends die Bescherung“, erklärt der Betreuungsprofi des Seniorenwohnens. Wer auch das Essen traditionell hält – etwa Kartoffelsalat mit Wienern – schenkt seinen Verwandten eine weitere Quelle um in Erinnerungen zu schwelgen. Zu viele Gänge hingegen könnten dementiell Veränderte unnötig verwirren.
Mit dabei sein – nicht daneben sitzen
Angst, die Weihnachtsgäste mit Gesprächen zu überfordern, brauchen Angehörige jedoch nicht verspüren. Im Gegenteil: „Beziehen Sie ihr Gegenüber ein und sprechen Sie ihn oder sie direkt an“, rät Amos-Ziegler. Das zeige den Gästen, dass sie dazu gehören. Auch an dieser Stelle gilt: Die Lautstärke und Informationsvielfalt an den dementiell Erkrankten anpassen. Familiäre Diskussionen sollten Menschen mit Demenz zuliebe vertagt werden. „Falls Erkrankte sich dennoch sichtbarem unbehaglich fühlen, nehmen sie diese stets aus der Situation heraus“, empfiehlt die gelernte Krankenschwester. Das könne durch direkte Ansprache geschehen oder indem ein Familienmitglied die Person an einen anderen Ort, etwa die Küche, begleitet.
„Letztlich ist Ruhe der Schlüssel für ein gelungenes Fest“, findet Amos-Ziegler. Auch gesunden Angehörigen tue das abseits des stressigen Alltags gut. Menschen mit Demenz haben oft einen bestimmten Tagesrhythmus. „Erlauben Sie Ihren Lieben diesem auch an Weihnachten zu folgen“, so der Betreuer. Wer normalerweise um 21 Uhr schlafen geht, darf sich auch am Heiligabend früh zur Ruhe betten. Ein Muss sei das laut Amos-Ziegler aber nicht: „Manche Bewohner sind an besonderen Tagen lange nach ihrer gewohnten Schlafenszeit noch topfit.“
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