BGH-Urteil: Keine Reservierungsgebühr in Heimen erlaubt
Grundsätzlich dürfen Alten- und Pflegeheime keine Reservierungsgebühr verlangen. Dennoch haben viele Einrichtungen bisher eine Gebühr von alten und pflegebedürftigen Menschen verlangt, die einen Heimplatz wollten, aber nicht sofort einziehen konnten – so Manfred Stegger von der BIVA. Jetzt erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) diese Vertragsklauseln als unwirksam.
„Die Notlage der Menschen wird ausgenutzt“
Die Mutter eines Mitglieds der BIVA wurde im Januar 2016 pflegebedürftig und war nur vorläufig in einem Heim untergebracht worden. Daraufhin fand ihr Sohn Mitte Februar einen endgültigen Platz in einem anderen Heim – allerdings konnte sie erst ab Ende Februar einziehen. Das Heim verlangte für die zwei Wochen Wartezeit eine Reservierungsgebühr von mehr als 1.000€. Manfred Stegger von der Interessensvertretung äußerte sich dazu: „Jemand, der einen Platz sucht, der ist in große Notlage und akzeptiert auch Bedingungen, die er vielleicht nicht so besonders gut findet“. Vor allem weil von Anfang an klar war, dass für den Auszug eine taggenaue Abrechnung gelten müsse. „Und nach unserer Auffassung gilt das auch für den Einzug. Da muss Tag genau abgerechnet werden“. Für ihn ist die Handlung der Heime inakzeptabel, da sie die Notlage der Menschen ausnutzen, um sich zu bereichern und derartige Klauseln in die Verträge hineinschreiben.
Am 15. Juli 2021 entschied der Bundesgerichtshof, dass das Geld an den Sohn zurückgezahlt werden muss – auch wenn dessen pflegebedürftige Mutter inzwischen verstorben ist. Außerdem wurde festgehalten, dass die Heime erst dann Kosten in Rechnung stellen dürfen, wenn die Betroffenen tatsächlich einziehen – egal ob privat oder gesetzlich versichert. Für gesetzlich Versicherte stand dies schon im Gesetz. Eine Grauzone entstand für die etwa 10% der Pflegebedürftigen, die privat versichert sind. Doch das oberste deutsche Zivilgericht sagt eindeutig: Der Gesetzgeber hat das klar geregelt. Die pflegebedürftigen Menschen sollten geschützt werden. Eine Unterscheidung zwischen Privatversicherten und gesetzlich Versicherten sei nicht nachvollziehbar.
Fazit
Nicht nur bei Auszug oder im Todesfall muss ein Heim auf den Tag genau abrechnen, auch beim Einzug darf erst Geld verlangt werden, sobald ein Bewohner tatsächlich dort einzieht und lebt.
Diejenigen, die in den letzten drei Jahren in eine Pflegeeinrichtung gezogen sind und eine Reservierungsgebühr bezahlen mussten, „[…] könnten jetzt eine Freihaltegebühr, falls sie die bezahlt haben, zurückfordern. Denn dieses Urteil entfaltet auch eine rückwirkende Wirkung“, so Stegger – denn die Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre. „Die Menschen, die in Zukunft so etwas unterschreiben, können das aus meiner Sicht einfach tun. Denn diese Vereinbarung ist unwirksam.“ Sie müssen laut Gesetz diesen Betrag also nicht zahlen. Für die Betroffenen und ihre Familien ein wichtiges Urteil, aber auch für die Alten- und Pflegeheime, welche keine Reservierungsgebühr verlangt haben, eine faire Maßnahme. Die Heime, welche so eine Gebühr beansprucht haben, müssen ab jetzt neu kalkulieren.
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