Was ist Kultursensible Pflege?
Menschen mit Migrationshintergrund sind in Deutschland immer mehr auf Pflege angewiesen. Mehr als 8% der im Sinne des SGB XI pflegebedürftigen Personen haben einen Migrationshintergrund und dadurch oft auch eine andere Weltanschauung und Wertehaltung gegenüber dem für sie zuständigen Pflegepersonal.
Pflegeeinrichtungen sind meist nicht auf Menschen mit unterschiedlichen kulturellen und sozialen Hintergründen vorbereitet. Es fehlt an Erfahrung und Knowhow im Umgang mit Menschen verschiedener ethnischer und nationaler Herkunft. Die Sprache, sowie die kulturellen Unterschiede bilden dabei die größten Barrieren.
Definition
Eine kultursensible Pflege ist ein hilfreicher Ansatz, um die Unstimmigkeiten zwischen den Vorstellungen der Migranten von Pflege und denen der Pflegeeinrichtungen zu bewältigen.
Eine pflegebedürftige Person wird, dank kultursensibler Pflege, trotz ihrer Einschränkungen und unterschiedlichem Hintergrund, entsprechend behandelt und gepflegt. Auf ihre individuellen Werte sowie auf kulturelle und religiöse Bedürfnisse wird eingegangen. Hierdurch wird ein gleichberechtigter Zugang zur Pflege ermöglicht.
Durch die Bereitschaft, Kenntnisnahme und Wertschätzung der Pflegefachkräfte – sowie der Pflegebedürftigen – gegenüber kulturellen Unterschieden, wird die Pflegebeziehung verbessert und die interkulturelle Kompetenz einer Einrichtung weiterentwickelt. Durch z. B. mehrsprachige Informationsmaterialien oder Beratungsangebote wird dieses Ziel erreicht.
Wieso ist kultursensible Pflege nötig?
Pflegebedürftige mit Migrationshintergrund unterscheiden sich in vielen Belangen von Einheimischen: Herkunft, sozialer Hintergrund, Bildung, Erwartungshaltung und kulturelle sowie religiöse Prägungen. Hinzu kommt, dass Altersprozesse bei Migranten durchschnittlich 10 Jahre früher einsetzen als bei Deutschen. Dies ist auf häufigere Berufskrankheiten, schwere Arbeitsbedingungen, auf Arbeitslosigkeit, Kommunikations- und Generationsprobleme und Diskriminierungserfahrungen zurückzuführen.
Für Pflegefachkräfte und Pflegeeinrichtungen heißt das einen neuen Umgang mit verschiedenen Personengruppen lernen. Das Konzept der kultursensiblen Pflege ist hierbei eine große Hilfe.
Das Konzept
Bei der kultursensiblen Pflege geht es vor allem darum, migrationsbedingte Auseinandersetzungen in der Pflegebeziehung bewusst und kontinuierlich zu beachten, sowie diese durch Akzeptanz und Unterstützung zu bewältigen.
Kultursensible Pflege setzt voraus, dass die Lebensweisen, Traditionen sowie Wert- und Glaubensvorstellungen anderer respektiert werden. Das erfordert, seitens der Pflegefachkräfte, Professionalität im Umgang mit den eigenen Gefühlen, Kulturvorstellungen und ihrem Berufsverständnis.
Einrichtungen, welche interkulturelle Pflege anbieten möchten, müssen ihr Personal für das Thema Migration sensibilisieren und Stereotypen über gewisse Kulturen, Weltanschauungen, etc. vermindern. Dies ist in drei Schritten möglich:
- Keine Angst vor dem Fremden – durch die Vorstellung der Kulturkreise der Migranten, oder Erstkontakte über Freundschafts- bzw. Kulturvereine kommen Pflegefachkräfte in Berührung mit Interkulturalität
- Kulturelle Besonderheiten erfahren – um auf spezielle Verhaltensweisen der pflegebedürftigen Migranten angemessen reagieren zu können, ist es für Pflegefachkräfte ratsam, sich mit den kulturellen Besonderheiten, wie z.B. das Fasten in einigen Religionen, auseinanderzusetzen und diese zu kennen
- Verfahrensstandards aufstellen – ein Ablauf bzw. ein neuer Pflegestandard muss festgelegt werden, damit Pflegefachkräfte genau wissen wo sie sich wann, über welche Kultur informieren können
Ansatzpunkte zur Umsetzung
Voraussetzung der kultursensiblen Pflege ist, dass eine Pflegeeinrichtung bzw. das Personal Bereitschaft und Akzeptanz zeigen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich stetig weiterentwickeln zu wollen.
Kultursensible Pflege in eine Einrichtung zu integrieren, ist ein dauerhafter Prozess, der durch diese Ansatzpunkte eingeleitet werden kann:
- Einen Mitarbeiter als „Betreuer einer Kultur“ benennen – dieser spricht die Sprache oder hat selbst einen Migrationshintergrund eines anderen Landes
- Fragebögen an Bewohner, Angehörige, Pflegefachkräfte, Mitarbeiter, Ärzte etc. verteilen, um die Einrichtung auf kultursensible Pflege zu analysieren
- Wort- und Bildkarten, die für den Pflegealltag wichtige Begriffe enthalten – Pflegebedürftige und Pflegefachkräfte können sich somit auch non-verbal verständigen
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