Demenz: Neue Schutzräume für Demenzkranke in Berlin
Im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gibt es seit Monatsbeginn Schutzräume für an Demenz erkrankte Menschen, die offensichtlich verwirrt und orientierungslos im öffentlichen Raum angetroffen werden. Zwei Pflegeeinrichtungen im Bezirk bieten zwischenzeitlich eine professionelle Überbrückung. „Verwirrt, orientierungslos, schutzlos-wer sich aufmerksam durch diese Stadt bewegt, dem sind Menschen, welche nicht so recht wissen, woher sie kommen und wohin sie wollen sicher schon einmal begegnet. Nicht wegzuschauen und Hilfe zu leisten, ist in solchen Situationen besonders wichtig“, so Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis 90 / GRÜNE). Wenn die Identität des dementen Menschen durch die Polizei nicht unmittelbar festgestellt werden kann, bringt diese ihn in einen so genannten Schutzraum. Dabei handelt es sich um drei Pflegeeinrichtungen im Bezirk, die sich bereit erklärt haben, für an Demenz erkrankte Menschen bis zur Ermittlung des Wohnortes eine optimale zeitweise Unterbringung und professionelle altenpflegerische Betreuung zu gewährleisten. Seit 2013 gibt es bereits drei Schutzräume in Berlin Mitte. Die Alloheim – Seniorenresidenz „Schwyzer Straße“, das Seniorenheim Grüntal und das Seniorendomizil am Alexanderplatz haben sich auf einheitliche Qualitätskriterien hinsichtlich der Versorgung des „Gastes“ während seines Aufenthaltes in der Einrichtung verständigt.
Hilfe bei orientierungslosen Demenzkranken
Laut Angaben des Bundesgesundheitsministeriums sind heute „bis zu 1,4 Millionen Menschen in Deutschland an Demenz erkrankt. Ihre Versorgung stellt vor dem Hintergrund des demographischen Wandels eine immer größere Herausforderung für das Gesundheits- und Sozialwesen dar. In Abhängigkeit von statistischen Grundannahmen (z.B. zur zukünftigen Entwicklung der altersbezogenen Prävalenzraten) könnte sich die Zahl der Demenzkranken bundesweit bis zum Jahr 2030 auf etwa 2,2 Millionen erhöhen“. Auch die aktuellen „Berliner Leitlinien der Seniorenpolitik“ gehen von einem Anstieg der Zahl an Demenzerkrankten von derzeit ca. 1,5 % auf 3,8% an der Gesamtbevölkerung aus. Demenziell erkrankte Menschen entwickeln im Verlauf ihrer Erkrankung sogenannte Hin- bzw- Weglauftendenzen. In Folge dieses Verhaltens werden demenziell erkrankte Menschen immer öfter orientierungslos in der Stadt angetroffen, von besorgten Mitmenschen der Polizei als hilflose Person gemeldet oder direkt von der Polizei aufgegriffen. Manchmal fehlen jegliche Angaben zur Person, mitunter sind es veraltete Wohnanschriften, die eine zeitaufwändige Recherche in Gang setzen. In der Regel werden diese Personen dann mit zur Wache genommen, um dort den Wohn- oder Aufenthaltsort zu ermitteln. In einer solchen Situation entsteht für die akut beteiligten Personen und Institutionen großer Handlungsdruck ohne dass adäquate Versorgungslösungen für die Betroffenen gefunden werden können.
Aufklärung der Bürger über Demenz
Die Schutzräume in Berlin sind entwickelt worden in Kooperation des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg mit der Polizeidirektion 5 und dem Gerontopsychiatrisch-Geriatrischen Verbund Friedrichshain-Kreuzberg, deren Mitgliedseinrichtungen, das Pflegewohnheim „Am Kreuzberg“ des Unionhilfswerkes und die Pro Seniore Residenz Am Märchenbrunnen, die Schutzräume zur Verfügung stellen.
Verbunden ist dieses Projekt mit erklärenden Hinweisen für aufmerksame Bürgerinnen und Bürger:
Was kann man tun, wenn man einem offensichtlich verwirrten Menschen auf der Straße begegnet?
- Gehen Sie auf den Menschen zu und beginnen Sie vorsichtig ein Gespräch.
- Seien Sie aufmerksam.
- Benachrichtigen Sie die Polizei.
Wie erkennt man, ob ein Mensch eine Demenz hat?
- Sie oder er ist in einem höheren Lebensalter und
- wirkt verwirrt und orientierungslos.
- trägt evtl. unangemessene Kleidung.
- antwortet auf Fragen unpräzise und benutzt Floskeln.
- stellt wiederholt die gleichen Fragen.
Was ist zu beachten im Umgang mit dementen Menschen?
- Nehmen Sie ihn als „normalen“ Menschen an.
- Wenden Sie sich dem Menschen zu und stellen Sie Blickkontakt her, bevor Sie anfangen zu sprechen.
- Sprechen Sie langsam und in einfachen Sätzen (nur eine Botschaft auf einmal).
- Verzichten Sie auf „Wieso-weshalb-warum-Fragen“ und komplizierte Begriffe
- Akzeptieren Sie die andere Wahrnehmung und weisen Sie nicht auf Defizite hin.
- Bleiben Sie respektvoll und wertschätzend.
- Nehmen Sie sich Zeit, hören Sie ihm zu.
Ich befürworte solche Einrichtungen, was mir aber selbst besonders am Herzen liegt, ist die Information der Mitbürger, wie oben im letzten Punkt angesprochen. Vielleicht hilft das auch ein wenig mehr Verständnis und Respekt für Pflegefachkräfte zu entwickeln. Schaden würde es nicht, wenn Einrichtungen wie diese und das Personal dort mehr Anerkennung bekommen. Hut ab!