Verfassungsklage für ein besseres Pflegesystem

Zehn Klagen für Altern in Würde

Der Sozialverband VdK hat beim Bundesverfassungsgericht Karlsruhe Klage wegen „grundrechtswidriger Zustände“ im deutschen Pflegesystem eingereicht. Mit zehn Musterklagen sollten mehr Hilfe und bessere Betreuung für Senioren erzwungen werden. 20 Jahre nach Einführung der Pflegeversicherung solle die Politik grundlegende Reformen nicht nur ankündigen, sondern auch umsetzen. Ziel der Klage sei, dass Menschen in Deutschland künftig „in Würde altern“ könnten, sagte VdK-Präsidenten Ulrike Mascher der „Süddeutschen Zeitung“ . Mit zehn Musterklagen sollen mehr Hilfe und bessere Betreuung für Senioren erzwungen werden. Die schwarz-rote Bundesregierung habe zwar eine große Pflegereform angekündigt – die Missstände seien aber nun seit so vielen Jahren bekannt und von diversen Expertenbeiräten analysiert und kritisiert worden, eine Reform sei gleichwohl ausgeblieben, so Mascher. Es gelte nun, in Karlsruhe einen Mindeststandard an Pflege sicherzustellen und grundlegende Verbesserungen auch für Demenzkranke einzuklagen. Auch häusliche Pflege solle stärker gefördert werden.

Erfolgreiche Petition für bessere Pflege

Der Sozialverband VdK hat kürzlich gemeinsam mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft unter dem Motto „Große Pflegereform – jetzt!“ eine bundesweite Kampagne für eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung gestartet. Nach Berechnungen des VdK und der Deutschen Alzheimer Gesellschaft ist die Finanzierung einer großen Pflegereform mit einer Beitragssatzerhöhung von 0,5 Prozent finanzierbar, wie dies auch die Regierung plant. Allerdings will die Bundesregierung davon 0,1 Prozent für einen Pflegevorsorgefonds abzweigen, viel Geld, das für Leistungsverbesserungen nicht zur Verfügung stünde. „Den von der Bundesregierung geplanten Pflegefonds lehnen wir ab. Die Menschen brauchen jetzt Unterstützung. Keiner weiß, wie viel der Fonds in 20 Jahren noch wert ist“, kritisiert die VdK-Präsidentin Mascher.

Wie wichtig den Bürgerinnen und Bürgern eine bessere Pflegeversicherung für alle ist, zeigen die bereits rund 20.000 Unterzeichner, davon 3400 online, die die Petition 50389 des Sozialverbands VdK beim Deutschen Bundestag unterstützen. „Wer die VdK-Petition mitzeichnen will, kann dies noch bis zum 21. April 2014 tun. Je mehr unterzeichnen, desto besser. Die Menschen haben ein Gespür dafür, was richtig ist. Wir fühlen uns durch den großen Zuspruch für unsere Kampagne zum Wohl der Pflegebedürftigen und der pflegenden Angehörigen bestätigt. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren“, erklärt Mascher.

Kritik an Verfassungsklage

Der Vorstoß des Sozialverbandes VdK stößt innerhalb der Wohlfahrtsverbände auch auf Skepsis. Insbesondere das Bayerische Rote Kreuz (BRK) übt Kritik an der Verfassungsklage. „Ich halte das für einen reinen PR-Gag, der weder den Patienten in der Pflege noch den Pflegekräften substanziell hilft“, sagte BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk. Es sei zu befürchten, dass die Politik nun die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abwarte und dadurch „längst überfällige“ Reformen in der Pflege verschiebe.
Auch Politiker kritisieren die Verfassungsklage. Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU) kritisiert: „Dem Eindruck, den der VdK vermittelt, dass wir es in Deutschland flächendeckend mit grundrechtswidrigen Zuständen in der Pflege zu tun haben, widerspreche ich energisch.“ Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte, die Koalition befinde sich mit der geplanten zweistufigen Pflegereform auf einem guten Weg. Die Klage erwecke dagegen den Eindruck, als hätten Union und SPD in der Pflegepolitik „den Gong nicht gehört“. Geplant sei die größte Reform der Pflegeversicherung der vergangenen 20 Jahre. Der SPD-Fraktionsvize rechnet nach eigenen Worten damit, dass die VdK-Klage scheitern wird. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Verfassungsgericht eine Klage beeindruckt, die unterstellt, wir würden das gesetzlich nicht in den Griff bekommen.“

Bildquelle:  vdk.de VdK-Präsidentin Ulrike Mascher | © Peter Himsel

Alexander Keller

Ehemaliger Chefredakteur vom Wohnen im Alter Magazin.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert