Pflegereport 2015: 4,5 Millionen Pflegebedürftige im Jahr 2060
Mehr Pflegebedürftige als erwartet
Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland steigt stärker als bisher vorausgesagt. Im Jahr 2060 werden geschätzt 4,52 Mio. Menschen gepflegt werden. Das sind 221.000 mehr, als bisherige Prognosen erwarten ließen. Den größten Anteil daran werden pflegebedürftige Männer mit 176.000 stellen. Dies geht aus dem neuen Barmer GEK Pflegereport hervor, der heute in Berlin vorgestellt wurde und erstmals die Effekte des Zensus 2011 in der Pflegeversicherung mit früheren Modellrechnungen vergleicht.
Der Barmer GEK Pflegereport 2015 zeigt zugleich, dass der Anteil hochbetagter Pflegebedürftiger drastisch wachsen wird. 60 Prozent der pflegebedürftigen Männer und 70 Prozent der pflegebedürftigen Frauen werden im Jahr 2060 85 Jahre oder älter sein. Heute liegen die entsprechenden Werte bei 30 beziehungsweise 50 Prozent. „Aufgrund der drastischen Alterung der Pflegebedürftigen und ihrer steigenden Zahl sind weitere Pflegereformen vorprogrammiert“, sagte Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer GEK.
Pflegestärkungsgesetze sinnvoll
Der aktuellen Pflegereform der Bundesregierung stellt Straub ein gutes Zeugnis aus; sie sei entschlossen und weitreichend. Weder in der ambulanten noch in der stationären Pflege solle beim Übergang in das neue System von Pflegegraden und Begutachtung ein bisher Pflegebedürftiger schlechter gestellt werden. In der stationären Pflege bringe die Reform mit einrichtungseinheitlichen Eigenanteilen eine wichtige Innovation. Straub: „Die einheitlichen Eigenanteile sind ein wichtiges sozialpolitisches Signal. Sie verhindern künftig Konflikte zwischen Angehörigen und Pflegeheimen, wenn ein Pflegebedürftiger höher gestuft werden muss.“ Außerdem biete die Neuregelung mehr Transparenz. Straub wies zugleich auf die zunehmende Belastung der Familien der Pflegebedürftigen durch die Pflege hin. Es müsse deshalb mehr Unterstützung für pflegende Angehörige geben, um Überforderungen zu vermeiden. Pflegebedürftige wollten möglichst lange zu Hause gepflegt werden, daher seien auch mehr präventive Angebote für die Pflegenden nötig.
Daten aus dem Barmer GEK Pflegereport 2015:
Kapazitäten stiegen überproportional
Die Kapazitäten in der ambulanten und stationären Versorgung sind in den Jahren 1999 bis 2013 deutlich schneller angestiegen als die Zahl der Pflegebedürftigen. Während diese um rund 30 Prozent zunahm, hat das Pflegedienstpersonal, gerechnet in Vollzeitäquivalenten, um knapp 70 Prozent zugenommen. Dieser Anstieg ist vor allem auf Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte zurückzuführen. Im stationären Bereich ist die Bettenzahl um 39,9 Prozent gestiegen. Die Anzahl der stationären Pflegeeinrichtungen stieg im gleichen Zeitraum um 47,1 Prozent. Der Kapazitätsausbau hat dazu geführt, bekannte Versorgungsdefizite im ambulanten Bereich und Wartelisten im stationären abzubauen.
Pflegestufe 1 am häufigsten
Verteilung auf Pflegestufen: Der Anteil der Pflegebedürftigen in Pflegestufe I nahm kontinuierlich zu, von 46,3 Prozent im Jahr 1999 auf 56,1 Prozent im Jahr 2013. Die Anteile in Pflegestufe III nahmen von 14,5 Prozent auf 11,9 Prozent und in Pflegestufe II von 39,2 auf 32,0 Prozent ab. Die „Pflegelast“ je Pflegebedürftigen nimmt also ab.
Einnahmen Pflegeversicherung noch stabil
Die Einnahmen der Pflegeversicherung stiegen von 8,41 Milliarden Euro im Jahr 1995 auf 25,91 Milliarden Euro im Jahr 2014 an. Diese Anstiege sind primär auf mehrere Anhebungen des Beitragssatzes zurückzuführen. Mit dem Pflegestärkungsgesetz II wird der Beitragssatz zum 1. Januar 2017 auf 2,55 beziehungsweise 2,8 Prozent (für Kinderlose) ansteigen. Bei den Ausgaben handelt es sich überwiegend um Leistungsausgaben – der Anteil der Verwaltungskosten lag 2014 bei lediglich 3,3 Prozent der Gesamtausgaben. Die jüngsten Ausgabensteigerungen in den Jahren 2008 bis 2014 sind vor allem auf die Anhebung der Leistungssätze, Leistungsausdehnung bzw. neue Leistungstatbestände für Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz zurückzuführen. Dementsprechend ist der Anteil der Ausgaben an den zusätzlichen Betreuungsleistungen von ein Prozent im Jahr 2009 auf zwei Prozent im Jahr 2014 gestiegen. Von den Leistungsausgaben entfallen 42 Prozent auf die vollstationäre Pflege. Die Ausgaben für Pflegegeld betrugen 25 Prozent und für Pflegesachleistungen im ambulanten Bereich 15 Prozent.
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