Hospiz- und Palliativgesetz: Droht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft in Palliativ-Einrichtungen?
Neues Gesetz ab 2016
Zuhause sterben – das wünschen sich 75 Prozent der Deutschen, heißt es in einer Studie der Bertelsmann Stiftung. Doch jeder Zweite stirbt im Krankenhaus. Der Bundestag hat nun das Hospiz- und Palliativgesetz beschlossen, um Sterbende zuhause, in Hospizen, Kliniken und Heimen besser zu versorgen: Künftig sollen die Krankenkassen dafür etwa 200 Millionen Euro mehr ausgeben. „Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland“ (Hospiz- und Palliativgesetz – HPG) soll sterbenden Menschen eine bestmögliche menschliche Zuwendung, Versorgung, Pflege und Betreuung zuteil werden. Jährlich sterben mehr als 400.000 Menschen in deutschen Krankenhäusern. Da jedoch nur 15 Prozent der Häuser über eine Palliativstation verfügen, wird diesen künftig über ein Zusatzentgelt die Möglichkeit eröffnet, fachlich vielfältige Palliativdienste bereitzustellen. Mit diesen Diensten können auch in Häusern ohne eigene Palliativstation die Patienten eine geeignete Schmerztherapie und menschliche Begleitung erhalten. Kleine Krankenhäuser können den Dienst auch über Kooperationen organisieren.
Des Weiteren wird die Finanzierung der ambulanten Hospizdienste verbessert. Krankenkassen beteiligen sich künftig nicht nur an den Personal-, sondern auch den Sachkosten der Dienste. Davon werden vor allem Hospizdienste im ländlichen Raum profitieren, die oftmals lange Anfahrtswege haben. Durch die bessere finanzielle Ausstattung haben die Hospizdienste auch mehr Spielräume, etwa um die Trauerbegleitung von Angehörigen mit zu unterstützen.
Verbesserungen im ambulanten Bereich
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa), der das gesamte Verfahren jahrelang sehr engmaschig begleitet hat, begrüßt die Neuregelungen: „Nun haben die Menschen am Lebensende in der Häuslichkeit endlich einen Rechtsanspruch auf Begleitung und Unterstützung. Ihre medizinische und Hospizversorgung wird verbessert, und die häusliche Krankenpflege wird ausgebaut“, erläutert bpa-Präsident Bernd Meurer. Zudem wird die spezielle ambulante Palliativversorgung durch Ärzte und Pflegedienste gestärkt.
Droht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft in Pflegeheimen?
Im stationären Bereich sind aber laut Meurer einige Punkte nicht einmal suboptimal gelöst. So droht seiner Meinung nach eine Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Versorgung von Menschen in ihrer letzten Lebensphase: „Es wird eine große Gruppe in Pflegeheimen geben, und einige wenige Privilegierte, die in Hospizen sterben dürfen – wobei die Hospize durchschnittlich mehr als doppelt so viel Personal zugestanden bekommen.“ Meurer weiter: „Wenn wir keine bessere Personalausstattung in den Pflegeheimen bekommen, wird am Ende für diejenigen die Zeit fehlen, für die das Gesetz konzipiert wurde: die Sterbenden.“ Wenn etwa jeder dritte Mensch in der Obhut des Pflegeheims stirbt, kann es nach Ansicht Meurers nicht sein, dass den Pflegeheimen ausschließlich zusätzliche Pflichten auferlegt werden, aber keinerlei personelle Unterstützung gewährt wird. „Die Krankenkassen müssen verpflichtet werden, zusätzliche Begleitung am Lebensende zu ermöglichen“, so der bpa-Präsident abschließend.
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