GPS-Tracker schenken Senioren Freiheit

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Wie Menschen mit Demenz selbständiger bleiben können.

Viele Menschen mit Demenz leiden unter Orientierungsproblemen und finden nach einem Spaziergang nicht mehr zurück. Um ihnen sowohl Freiraum als auch Sicherheit zu geben, setzen manche Angehörige und Pflegeheime auf GPS-Sender. Kritiker sehen in den Geräten hingegen Überwachungsinstrumente.

Per Anhalter auf den Killesberg

„Demenzkranke haben häufig eine Weglauftendenz und versuchen an Orte aus ihrer Kindheit zurück zu kehren“ erklärt Rosmarie Amos-Ziegler, Inhaberin der WGfS in Filderstadt. Mit 200 Mitarbeitern pflegt die 56-Jährige 147 Senioren in drei Pflegeheimen. Ein Demenzpatient sei sogar per Anhalter und Bus nach Stuttgart auf den Killesberg gefahren. Dort hatte er früher gearbeitet „In solchen Fällen ist eine Möglichkeit die Person zu orten, Gold wert“, so Amos-Ziegler. Deshalb testete die gelernte Krankenschwester mit ihrem Unternehmen sogenannte Kids-Finder. Handyähnliche Geräte, mit denen Betroffene per Knopfdruck einen Hilferuf tätigen können, wenn sie sich verlaufen haben. Ziel der Aktion: Demenzkranken eine möglichst große Bewegungsfreiheit zu erhalten.

Uhren, Handys oder Chips im Schuh

Ob ein Globales Positionsbestimmungssystem in Frage kommt, hängt in erster Linie von der Schwere der Erkrankung und der Betreuung ab. Ellen Nickel von der deutschen Alzheimer Gesellschaft Selbsthilfe Demenz weiß: „Gerade in der ambulanten Pflege kann die Ortung unterstützen.“ Aber auch in Pflegeheimen sind GPS-Tracker im Einsatz. Welches Gerät sinnvoll ist, variiert Nickel zufolge je nach Träger. „Es gibt Handys, Uhren oder auch Chips, die man im Schuh implantieren kann.“ Allerdings seien  Ortungsgeräte nur dann eine Option, wenn Demente sich und andere nicht gefährden. So schätzen Senioren im fortgeschrittenen Stadium etwa das Risiko beim Überqueren der Straße falsch ein und sorgen ungewollt für Blech- oder Personenschäden. „Ein richterlicher Beschluss ist nur in geschützten Stationen notwendig“, merkt Amos-Ziegler an. Gerade, wenn die Patienten gehindert werden bestimmte Bereiche zu verlassen. Sonst wird die Entscheidung über die GPS-Tracker von Angehörigen und dem Pflegepersonal getroffen.

Kritiker unterstellen Überwachung

Je nach Tracker ist es möglich, dem Laufweg des Trägers zu folgen oder nur eine Benachrichtigung im Notfall zu erhalten. Angehörige rufen die Daten mit dem eigenen Mobiltelefon oder am Computer ab. „Allerdings gibt es keine Signale, wenn Pflegebedürftige sich in Tunneln oder Gebäuden befinden“ bemängelt Rosmarie Amos-Ziegler. Skeptiker kritisieren außerdem, dass die Ortungsgeräte zu Überwachungszwecken missbraucht werden können. Gelangen die GPS-Daten in die falschen Hände, haben Einbrecher leichtes Spiel – so ein anderes Argument der Gegner. Für Nickel, die seit 15 Jahren als Beraterin rund um Demenz arbeitet, wiegen die Vorteile höher als nicht bestätigte Risiken: „Die Ortung dient nicht der Überwachung, sondern ermöglicht Dementen, einen Teil ihres Lebens weiterhin selbst zu bestimmen.“ Mit dem Einzug in ein Pflegeheim gebe man dieses Recht schließlich nicht automatisch auf. „Zusätzlich fühlen sich Angehörige sicherer, wenn sie ihre Schützlinge notfalls schnell finden können“, nennt Amos-Ziegler einen weiteren Vorteil. Gerade bei winterlichen Witterungsverhältnissen habe das schon dem einen oder anderen GPS-Nutzer das Leben gerettet. „Ein Gleichgewicht schaffen zwischen Freiheit und Sicherheit. Das ist die große Herausforderung bei Demenz“, konstatiert Amos-Ziegler. Technik könne unterstützen, dürfe aber niemals als Ersatz für menschliche Zuwendung dienen.

Unabhängige Beratung muss Voraussetzung sein

Wer mit dem Gedanken spielt ein Ortungssystem oder andere technische Hilfsmittel anzuschaffen, sollte sich im Vorfeld beraten lassen. Eine gute Anlaufstelle dafür ist Nickel zufolge die Deutsche Alzheimer Gesellschaft: „Als bundesweite Dachorganisation von Alzheimer Selbsthilfevereinen, die von Angehörigen gegründet wurde, bieten wir eine kritische und unabhängige Beratung.“ Tracker in allen Variationen sind kostengünstig bei verschiedenen Online-Händlern zu finden.

Michael Sudahl

Michael Sudahl ist freier Journalist in Schorndorf

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