Altersarmut
Altersarmut ist in Deutschland ein großes Problem und wird auch weiterhin, vor allem mit der steigenden Anzahl der Rentner*innen durch die Babyboomer-Generation, immer größer. Von Altersarmut betroffen sind vor allem Frauen. Laut Statistischem Bundesamt erhielten 2020 knapp 315.000 Frauen und 249.000 Männer finanzielle Hilfe. Somit waren Ende 2020 mehr als 564.000 Senior*innen in Deutschland auf die Grundsicherung angewiesen. Das ist ein Rekordhoch seit der Einführung der Leistung im Jahr 2003 von der rot-grün Koalition. Zum Vergleich: Ende 2019 waren 562.000 Menschen auf die Grundversicherung angewiesen. Und bei der Leistungseinführung 2003 waren es lediglich 258.000 Menschen.
Die Grundsicherung muss als eigenständige Sozialleistung beantragt werden, während die Rentenversicherung automatisch prüft, ob ein Anspruch auf Grundrente besteht. Wer mindestens 33 Jahre Beiträge aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflege sowie mehr als nur ergänzendes Einkommen (z. B. durch Minijobs) aufweist, hat Anspruch auf die Grundrente. Dennoch sind viele Menschen von ihrem Bezug der Grundrente ausgeschlossen.
Höherer Mindestlohn gefordert
Die Grundsicherung orientiert sich an der zuvor bezahlten Sozialhilfe. Die Linke wollten nun von der Regierung wissen, welcher Bruttostundenlohn im Arbeitsleben erforderlich ist, um nicht auf diese Leistung angewiesen zu sein. Nach Berechnungen ist demnach ein Stundenlohn von 12,21€ erforderlich, um eine eigenständige hohe Rente zu erreichen. Selbst ein Stundenlohn von 7,27€ würde für die Anfang des Jahres eingeführte Grundrente reichen.
Der Linken-Rentenexperte Matthias W. Birkwald sagte der Deutschen Presse-Agentur, die neuen Zahlen des Bundesarbeitsministeriums zeigten, „dass wir von einem angemessenen Mindestlohn aktuell sehr weit entfernt sind“. Auch nach Einführung der Grundrente sind viele Menschen also weiterhin auf die Leistung angewiesen.
Die Regierung hat eine weitere Verbesserung eingeführt, um die Lage vieler Senior*innen zu verbessern. Seither wird nicht mehr die gesamte gesetzliche Rente als Einkommen auf die Grundsicherung angerechnet.
Empfänger*innen mit Erwerbs- oder Kindererziehungszeiten haben einen Freibetrag von 223€ + 835€ durchschnittlicher Grundsicherungsbedarf. Das ergibt ein Nettoeinkommen von 1.058€ bei einem Einpersonenhaushalt. Um auf diese Nettorente zu kommen, wäre rechnerisch allerdings ein Stundenlohn von 14,37€ notwendig.
Ein Verein für von Altersarmut betroffene Senior*innen
Das Geld, das viele Senior*innen vom Staat erhalten, reicht nur knapp zum Leben. Gute Lebensmittel sowie eine ausgewogene Ernährung sind nur schwer finanzierbar. Aus diesem Grund gründete Carina Raddatz 2017 in ihrem Heimatort Hennef den Obstkäppchen e.V. ; angelehnt an das Märchen vom Rotkäppchen, das sich mit einem Korb voller Lebensmittel aufmacht, die Großmutter zu besuchen. Die Vereinsmitglieder verteilen ein- bis zweimal im Monat Lebensmittel an die von Altersarmut betroffenen Senior*innen und verbringen einige Zeit mit ihnen.
Carina Raddatz gründete den Verein, nachdem sie das Bild einer alten Dame, die im Müll nach Essen suchte, nicht mehr losließ. Sie entschied sich dazu, Rentner*innen mit gesunden Lebensmitteln zu helfen, um so deren Gesundheit zu unterstützen. Die Finanzierung der Lebensmittel erfolgt durch zahlende Mitglieder, die mit einem Beitrag von 5€ im Monat, jeweils eine Tüte spenden. Die Lebensmittel bekommt der Verein von einem lokalen Obst- und Gemüsegroßhändler sowie von lokalen Supermärkten. Teilweise spenden auch Unternehmen Lebensmittel. Die Mitarbeiter, welche sich selbst „Obstkäppchen“ nennen, packen ehrenamtlich die Essenstüten und liefern diese aus.
Über eine Kooperation mit dem Amt für Soziales entsteht der Kontakt mit den Betroffenen. Der Verein gibt dort an, wie viele Menschen er aktuell beliefern kann. Daraufhin verschickt das Amt die Infomaterialien des Vereins an jene Rentner*innen, die gemäß ihren Berechnungen am dringendsten auf Hilfe angewiesen sind. Über die Flyer können die Senior*innen direkten Kontakt mit dem Obstkäppchen e.V. aufnehmen.
Neben der Essensauslieferung verbringen die Obstkäppchen auch immer ein wenig Zeit bei den Senior*innen zuhause. Dies ist wichtig, da viele ältere Menschen auch von sozialer Isolation betroffen sind. Meist freuen diese sich mehr über den Besuch als über die Lebensmittel.
Der Obstkäppchen e.V. beliefert momentan Senior*innen in Hennef und im Raum Köln-Ehrenfeld. Ihr Traum ist es einmal bundesweit tätig zu werden.
Weitere Vereine und Initiativen
In Deutschland sind laut Bundesregierung 9,3 Millionen Rentner von Armut betroffen (Stand 2019). Da die Hilfe der Politik nicht ausreicht, sah Sandra Bisping eine Notwendigkeit ihnen zu helfen und gründete 2016 den Ein Herz für Rentner e.V. in München. „(…) Unsere Rentner haben viel für unser Land getan. Es kann doch nicht sein, dass sie für eine Matratze oder Brille hungern müssen. Sie verdienen unseren größten Respekt – und unsere Unterstützung. Dafür kämpfe ich von Herzen gerne.“
Der Verein unterstützt Rentner*innen mit Erwerbsminderungs-, Erwerbsunfähigkeits-, Witwenrente und Rente mit aufstockender Grundsicherung im Alter. Bundesweit wird ihnen in ihrer finanziellen Not geholfen, es wird sich für sie eingesetzt, sie werden aus ihrer Einsamkeit rausgeholt und zurück in die Mitte unserer Gesellschaft gebracht. Durch die Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Mitarbeitern, Kooperationspartnern und anderen sozialen Organisationen wie die TAO Stiftung oder FC Bayern Hilfe e.V., werden Spenden und Projekte unterstützt sowie möglich gemacht.
Durch den Ein Herz für Rentner e.V. besteht für die Senior*innen die Möglichkeit:
- auf Soforthilfe: der Verein übernimmt die Nebenkostennachzahlungen, Zuzahlungen zu Medikamenten (die von der Krankenkasse nicht übernommen werden), Brillen, Waschmaschinen, Kühlschränke, Betten, Matratzen, Schuhe, Kleidung, Fernseher, Fahrkarten, Einkaufsgutscheinen, Essen auf Rädern und Hausnotrufen
- auf Patenschaft: Spender können mit einer Monatspatenschaft von 38,00€ Rentner*innen die Möglichkeit bieten, das zu tun, worauf sie Lust haben und sich ohne diese Hilfe gewisse Aktivitäten nicht leisten könnten, z.B. Kaffee und Kuchen im Café mit den Enkelkindern
- auf Veranstaltungen: Rentner*innen können kostenlos an Veranstaltungen teilnehmen – Theater- und Konzertbesuche, Wanderungen, Fahrten ins Grüne, Weihnachtsfeiern und vieles mehr
ZONTA ist ein weltweiter Zusammenschluss berufstätiger Frauen, welche die Situation der Frau verbessern wollen und sich sozial engagieren.
Viel Städte Deutschlands gründeten einen Zonta Club gegen Altersarmut, welche alle Teil der weltweiten Zonta Gemeinschaft sind, und widmen sich vor allem dem Thema Altersarmut bei Frauen. Unterstützt durch das Ministerium für Soziales und Integration der jeweiligen Bundesländer bieten die Zonta Clubs Beratungsstellen und Hilfe an, um aktiv gegen die Altersarmut vorzusorgen. Durch Aufklärung über Teilzeitarbeit, Eheverträge, Unterhalt und Mutterzeit möchte der Club die Risiken einer Altersarmut bei Frauen senken – denn 60% der Frauen erhalten weniger Rente als Männer.
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