Altersdiskriminierung – ein unterschätztes Problem in unserer Gesellschaft
Inhaltsverzeichnis
- Definition von Altersdiskriminierung
- Formen der Altersdiskriminierung
- Beispiele für Altersdiskriminierung
- Rechtliche Grundlage und Rahmenbedingungen
- Möglichkeiten, um Schutzrechte durchzusetzen
- Maßnahmen zur Stärkung der Rechte älterer Menschen
- Positive Maßnahmen
- Trends und Zukunftsaussichten
Altersdiskriminierung ist ein Phänomen, das in vielen Bereichen unserer Gesellschaft auftritt. Es bezieht sich auf die Benachteiligung oder Ungleichbehandlung von Menschen aufgrund ihres Alters. Obwohl es gesetzliche Maßnahmen gibt, die darauf abzielen, die Diskriminierung aufgrund des Alters zu verhindern, bleibt es dennoch ein weit verbreitetes Problem, das Menschen jeden Alters betrifft und in vielen Fällen bei den Betroffenen selbst unbemerkt bleibt.
Definition von Altersdiskriminierung
Altersdiskriminierung bezeichnet eine ungerechtfertigte Benachteiligung von Personen aufgrund ihres Alters. Es ist wichtig anzumerken, dass Altersdiskriminierung nicht nur ältere Menschen betrifft, sondern auch junge Menschen diskriminiert werden können.
Bei Altersdiskriminierung handelt es sich um die Ablehnung von Menschen, die aufgrund ihres höheren oder niedrigeren Alters als weniger geeignet, wenig produktiv oder weniger wertvoll angesehen werden. Altersdiskriminierung kann sich in verschiedenen Lebensbereichen manifestieren, wie z.B. im Arbeitsleben, im Bildungssystem, im Gesundheitswesen oder auch im öffentlichen, sozialen und kulturellen Raum.
Gesetzlich ist Altersdiskriminierung in viele Ländern verboten. Die UN-Menschenrechtscharta verbietet Diskriminierung aufgrund des Alters und fordert die Gleichbehandlung aller Menschen unabhängig ihres Alters.
Die UN-Menschenrechtscharta (auch Allgemeine Erklärung der Menschenrechte) wurde 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Sie definiert grundlegende Menschenrechte für alle Menschen. Artikel 2 besagt, dass jeder Mensch unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Eigentum, Geburt oder Stellung diskriminierungsfrei behandelt werden sollte. Artikel 25 sichert das Recht auf einen Lebensstandard, einschließlich medizinischer Versorgung und sozialer Dienste.
Doch ab wann ist man „alt“?
In Deutschland gibt es keine eindeutige Definition für das Alter, ab dem man als „alt“ gilt. Üblicherweise wird jedoch ab einem Alter zwischen 60 und 65 Jahren von einem „Rentenalter“ gesprochen und diese Altersgruppe wird oft als „Senioren“ bezeichnet. Allerdings gibt es auch hier individuelle Unterschiede und eine klare Abgrenzung ist nicht möglich, da das Alter als relativer Begriff zu betrachten ist und von verschiedenen Faktoren wie Gesundheitszustand, Lebensstil und sozialen Kontexten abhängt.
Angesichts des demografischen Wandels und der gestiegenen Lebenserwartung der Menschen ist es notwendig, das Konzept des Alters neu zu bewerten. In Deutschland leben ältere Menschen heute im Durchschnitt 30 Jahre länger als vor 100 Jahren und haben die Möglichkeit, ihr Leben aktiv und in guter Gesundheit zu gestalten.
Formen der Altersdiskriminierung
Direkte Diskriminierung:
Wenn jemand aufgrund seines Alters benachteiligt wird, zum Beispiel bei der Einstellung oder Beförderung.
Indirekte Diskriminierung:
Wenn eine Regelung oder Praxis dazu führt, dass ältere Menschen benachteiligt werden, auch wenn dies nicht beabsichtigt war.
Stereotypisierung:
Wenn ältere Menschen aufgrund von Vorurteilen oder Stereotypen negativ behandelt werden. Zum Beispiel wenn davon ausgegangen wird, dass ältere Arbeitnehmer nicht produktiv oder flexibel genug sind.
Verweigerung von Dienstleistungen:
Wenn ältere Menschen aufgrund ihres Alters den Zugang zu bestimmten Dienstleistungen verweigert wird, wie zum Beispiel Bankkredite oder medizinische Versorgung.
Altersbezogene Gewalt/Belästigung:
Wenn ältere Menschen aufgrund ihres Alters Opfer von Gewalt oder Missbrauch oder Belästigung werden.
Beispiele von Altersdiskriminierung
Arbeitsplatz/ Ehrenamt
Auf dem Arbeitsmarkt gibt es verschiedene Formen der Altersdiskriminierung, die gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen und arbeitsrechtlich in Deutschland verboten sind. Eine dieser Formen ist die Festlegung von Altersgrenzen bei der Einstellung oder Beförderung, die ältere Bewerberinnen und Bewerber benachteiligen. Eine weitere Form ist die Auswahl von Bewerbern aufgrund ihres Alters, anstatt aufgrund ihrer Fähigkeiten und Qualifikationen. Auch Gehaltsunterschiede zwischen jüngeren und älteren Arbeitnehmern, Entlassungen älterer Arbeitnehmer oder das Mobbing älterer Kollegen sind Beispiele für Altersdiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Arbeitspraktiken und -entscheidungen auf objektive Kriterien zu gründen, um Diskriminierung zu vermeiden und den Schutz älterer Arbeitnehmer*innen zu gewährleisten.
Öffentlicher Raum
Altersdiskriminierung im öffentlichen Raum kann verschiedene Formen annehmen, darunter die Nichtbereitstellung von ermäßigten Tarifen für ältere Menschen, schlechtere Behandlung in Restaurants und Cafés, mangelnde Barrierefreiheit von öffentlichen Verkehrsmitteln und Straßen, Ausschluss von älteren Menschen von Veranstaltungen oder Aktivitäten und sogar Beleidigungen oder Angriffe aufgrund des Alters. Diese Praktiken können ältere Menschen davon abhalten, vollständig am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und deren Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
Gesundheitswesen
Im Gesundheitssektor kann Altersdiskriminierung auf verschiedene Arten auftreten. Zum Beispiel könnten ältere Patienten*innen aufgrund ihres Alters bei der Vergabe von medizinischen Leistungen, Behandlungen oder Medikamenten benachteiligt werden. Auch könnten ältere Patienten*innen aufgrund ihres Alters falsch diagnostiziert werden oder ihnen könnte eine Behandlung verweigert werden, die für jüngere Patienten*innen verfügbar wäre.
Ältere Patienten*innen haben das Recht auf eine angemessene medizinische Behandlung und Versorgung, die nicht aufgrund ihres Alters eingeschränkt werden darf. Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen sind verpflichtet, ihre Pflichten gegenüber älteren Patienten*innen zu erfüllen und sie gleichberechtigt zu behandeln.
Sozialer und kultureller Bereich
Altersdiskriminierung im sozialen und kulturellen Bereich kann auf verschiedene Arten auftreten. Eine Möglichkeit ist die Einschränkung der Teilnahme älterer Menschen an Freizeitaktivitäten und sozialen Veranstaltungen. Ein weiteres Beispiel ist die mangelnde Barrierefreiheit von Kinos oder anderen kulturellen Einrichtungen, die älteren Menschen mit Einschränkungen wie Hör- oder Sehbehinderungen den Zugang erschwert. Auch in Pflegeheimen oder betreuten Wohnanlagen können ältere Menschen in ihrer Freiheit und Selbstbestimmung eingeschränkt werden. Darüber hinaus können ältere Menschen auch in Gruppensitzungen oder Therapien ignoriert oder nicht ernst genommen werden, was zu einer weiteren Form der Diskriminierung führt.
Rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen
In Deutschland gibt es verschiedene rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen, die Altersdiskriminierung verbieten und verhindern sollen:
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Das AGG verbietet jede Form der Diskriminierung aufgrund des Alters. Dies gilt insbesondere im Arbeitsleben, aber auch im Bereich der Bildung, des Zugangs zu Waren und Dienstleistungen sowie der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
Das BGG soll eine diskriminierungsfreie Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben sicherstellen. Auch ältere Menschen können hiervon betroffen sein, insbesondere wenn sie aufgrund von altersbedingten Einschränkungen als behindert gelten.
Sozialgesetzbuch (SGB)
Das SGB enthält verschiedene Regelungen zum Schutz älterer Menschen, insbesondere im Bereich der sozialen Sicherung und der Pflege.
UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
Die Konvention verbietet jede Form der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und fordert die volle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Auch ältere Menschen mit Behinderungen sind hiervon betroffen.
Möglichkeiten, um Schutzrechte durchzusetzen
Zivilrechtliche Klage
Betroffene können eine zivilrechtliche Klage einreichen, um Schadensersatz oder andere Entschädigungen zu erhalten. Hierfür können sie sich an eine Anwaltskanzlei oder eine Verbraucherzentrale wenden.
Beschwerde bei der Antidiskriminierungsstelle
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) ist eine Anlaufstelle für alle Arten von Diskriminierung, einschließlich Altersdiskriminierung. Betroffene können eine Beschwerde bei der ADS einreichen und sich beraten lassen.
Weiterhin können sich Betroffene auch an andere Stellen wenden, wie z.B. Gewerkschaften, Verbände oder Aufsichtsbehörden.
Öffentlicher Druck
Wenn Fälle von Altersdiskriminierung bekannt werden, kann öffentlicher Druck aufgebaut werden, um Veränderungen herbeizuführen. Hier können sich Betroffene an Medien oder politische Vertreter wenden.
Bewusstseinsbildung
Eine langfristige Lösung besteht darin, das Bewusstsein für Altersdiskriminierung zu erhöhen und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Hierfür können sich Betroffene an Bildungseinrichtungen, Vereine oder Initiativen wenden.
Maßnahmen zur Stärkung der Rechte älterer Menschen
- Sensibilisierungskampagne
- Sensibilisierung für Fachkräfte im Gesundheitswesen, Sozialwesen etc.
- Gestaltung von barrierefreien Umgebungen
- Finanzielle Unterstützung
- Förderung von Partizipation
Positive Maßnahmen
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Maßnahme zur Stärkung der Rechte älterer Menschen ist die Einrichtung von Seniorenbeiräten auf kommunaler Ebene. Diese Gremien bestehen aus älteren Menschen, die die Interessen ihrer Altersgruppe vertreten und Empfehlungen für die Politik und Verwaltung der Stadt oder Gemeinde abgeben. Durch die Einbindung von älteren Menschen in politische Entscheidungsprozesse werden ihre Stimmen gehört und ihre Bedürfnisse und Anliegen berücksichtigt.
Ein weiteres positives Beispiel ist die Implementierung von barrierefreien öffentlichen Verkehrsmitteln und Straßen. Durch die Schaffung von barrierefreien Umgebungen können ältere Menschen unabhängiger und mobiler sein und haben einen besseren Zugang zu öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen.
Auch die Förderung von intergenerationalen Projekten und Initiativen, bei denen ältere Menschen mit jüngeren Generationen zusammenarbeiten und voneinander lernen können, ist eine positive Maßnahme zur Stärkung der Rechte älterer Menschen. Diese Projekte fördern den Austausch zwischen den Generationen und tragen zur Bekämpfung von Altersdiskriminierung bei, indem sie Stereotypen und Vorurteile abbauen, wie zum Beispiel Silber Salon oder Wege aus der Einsamkeit e.V.
Trends und Zukunftsaussichten
Im Hinblick auf die Zukunft gibt es einige Trends und Aussichten im Bereich der Rechte älterer Menschen. Eine davon ist die zunehmende Digitalisierung und technologische Fortschritte, die älteren Menschen den Zugang zu Informationen und Dienstleistungen erleichtern können. Dazu gehören beispielsweise Online-Services für Gesundheitsdienste oder E-Learning-Programme zur persönlichen Weiterbildung. Es ist jedoch wichtig sicherzustellen, dass ältere Menschen Zugang zu diesen Technologien haben und dass ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten berücksichtigt werden.
Ein weiterer Trend ist die Stärkung der Selbstbestimmung älterer Menschen durch den Ausbau von unterstützenden Wohnformen und Pflegeeinrichtungen. Es gibt zunehmend mehr Angebote für ambulante Pflege und Betreuung, sowie innovative Wohnformen wie beispielsweise „Wohnen für Hilfe“, bei dem älteren Menschen günstigen Wohnraum an Studenten vermieten können und im Gegenzug Hilfe im Alltag erhalten.
Zudem gibt es eine wachsende Anerkennung der Beiträge, die ältere Menschen für die Gesellschaft leisten, und eine verstärkte Förderung von intergenerationalen Programmen und Aktivitäten. Hierbei geht es darum, das Zusammenleben und Zusammenarbeiten von Menschen unterschiedlicher Altersgruppen zu fördern und voneinander zu lernen.
Insgesamt zeichnen sich also positive Entwicklungen ab, die darauf abzielen, die Rechte älterer Menschen zu stärken und ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten zu berücksichtigen. Es bleibt jedoch eine Herausforderung, sicherzustellen, dass diese Entwicklungen auch tatsächlich allen älteren Menschen zugutekommen, unabhängig von ihrer sozialen und ökonomischen Situation.
Quellen:
- https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/startseite/startseite-node.html
- „Ich? Zu alt?“ – Informationen zum Thema Diskriminierung älterer Menschen – Ergebnisse einer Praxisforschungsstudie. ISS Gemeinnützigere e.V. – Sarah Molter und Ludger Klein unter Mitarbeit von Maike Merkle
https://www.wohnen-im-alter.de/files-10365/Ich%3F-Zu-alt%3F-Informationen-zum-Thema-Diskriminierung-aelterer-Menschen-ISS.pdf - Diskriminierung in Deutschland – Dritter Gemeinsamer Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages
https://www.wohnen-im-alter.de/files-10363/Diskriminierung-in-Deutschland-3-Bericht-der-Antidiskriminierungsstelle-des-Bundes.pdf
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