Neues Heimgesetz in Baden-Württemberg ermöglicht größere Vielfalt von Wohn- und Versorgungsformen

Neues Gesetz fördert Betreute WGs

Baden-Württember hat ein neues Heimgesetz und überwindet endlich die Alternativlosigkeit zwischen Pflegeheim und häuslicher Pflege. Die grün-rote Koalition votierte im Landtag Baden-Württemberg für das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz (WTPG) von Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD). CDU und FDP lehnten es ab, weil es zu viele Unklarheiten enthalte und ambulant betreute Wohngemeinschaften nur als Quasi-Heime zulasse. Am 14. Mai hat der Landtag in zweiter Lesung den Gesetzentwurf zum Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz (WTPG) beraten und mit der Regierungsmehrheit verabschiedet. Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) gab sich überzeugt: „Lassen Sie mich zunächst festhalten:Wir haben in Baden-Württemberg die beste pflegerische Infrastruktur bundesweit. Dazu nur zwei Beispiele: Wir haben moderne, wohnortnahe Pflegeheime, die sich in den nächsten Jahren noch weiter hin zu den Hausgemeinschaftskonzepten entwickeln werden, mit Einzelzimmern, kleinen Wohngruppen und größtmöglicher Normalität. Und wir haben im ambulanten Bereich mit über 700 Betreuungsangebotendie bundesweit intensivste Einbindung von ehrenamtlichen Strukturen zur Entlastung der häuslichen Pflege. Diese Betreuungsangebote fördern wir mit über zwei Millionen Euro pro Jahr weiter intensiv. Mit dem WTPG werden wir diese hervorragenden Strukturen weiterentwickeln und das Heimrecht an die neuen gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen.“

Die wichtigsten Verbesserungen des neuen Heimgesetztes:

  • Im bisherigen Heimrecht gab es nur die Alternative „Heim“ oder „Häuslichkeit“.
  • Die Schutzfunktion der Heimaufsicht ist entsprechend der neuen Vielfalt von Wohnangeboten nicht mehr starr, sondern flexibel und abgestuft angelegt: Je weniger ein Mensch seine Angelegenheit selbstbestimmt und eigenverantwortlich regeln kann, umso mehr ist die Heimaufsicht gefordert, diesen Schutz zu gewährleisten.
  • Mit der ambulant betreuten Wohngemeinschaft für bis zu 8 Personen beschreiten wir bundesweit Neuland. Diese gemeinschaftliche Versorgung ist nicht an stationären Wohnformen ausgerichtet, sondern am Leben „wie zuhause“. Diese Konzeption ist bundesweit einmalig. Dieser Wohnform gehört die Zukunft – und sie ist auch wirtschaftlich zu betreiben.
  •  Um Anbietern mehr Zeit zu geben für die Umstellung, lassen wir zusätzlich zur 8-er WG unter strengen Voraussetzungen auch Wohnformen mit bis zu 12 Personen zu, die sich eher an stationären Konzepten orientieren.
  • In den neu ins Gesetz geschriebenen Selbstverantworteten Wohngemeinschaften können die Bewohnerinnen und Bewohner ihre Angelegenheiten vollständig eigenverantwortlich regeln. Damit beziehen wir die Zivilgesellschaft auf lokaler Ebene ein und fördern bürgerschaftliches Engagement für bedarfsgerechte Wohnangebote.
  • Die stationären Einrichtungen bleiben das Rückgrat in der Versorgung der Menschen mit Behinderungen oder mit Pflegebedarf – mit ihrem umfassenden Angebot, einem Höchstmaß an Versorgungssicherheit und überprüften Qualitätsstandards.
  • Das WTPG unterstützt im Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen die Umwandlung von Großeinrichtungen in kleinformatige Wohnformen.
  • Weniger Bürokratie in den Pflegeheimen: Die Zusammenarbeit der Prüforgane in der Pflege – also des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und der Heimaufsicht – wird besser aufeinander abgestimmt.

Kritik am neuen Gesetz

Der sozialpolitische Sprecher oppositionellen der FDP-Fraktion, Jochen Haußmann, äußerte deutliche Kritik in der Debatte: „Auch wenn wir es dank unserer Änderungsanträge geschafft haben, an drei Punkten liberale Lichtungen in den Planungsdschungel des neuen Gesetzes zu schlagen, so bleibt es insgesamt zu kompliziert und von Misstrauen geprägt. Ich vermisse Offenheit, Flexibilität und unbürokratisches Vorgehen. Die FDP-Fraktion hätte sich mehr Mut zu Flexibilität, mehr Dynamik und Vertrauen in die Menschen gewünscht. Stattdessen gibt es eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe und schwammiger Auflagen, von denen keiner weiß, wie das in der Praxis ordentlich administriert werden soll.

Mehr Informationen:

Was sind betreute WGs?
Senioren WG-Suche auf Wohnen-im-Alter.de

Quelle: careinvest

Alexander Keller

Ehemaliger Chefredakteur vom Wohnen im Alter Magazin.

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