Altersdepression durch Corona
Verzweiflung, Einsamkeit, Traurigkeit – viele ältere Menschen leiden oft darunter. Doch seit der Corona-Pandemie gehören Angstzustände und depressive Verstimmungen zum Alltag vieler Menschen über 60 bzw. 65 Jahren. Laut dem Robert-Koch Institut haben diese Personen ein sehr hohes Risiko sich mit dem Covid-19 Virus anzustecken und unter einem schwereren Krankheitsverlauf zu leiden. Um sie und die restliche Population zu schützen gelten demnach strenge Maßnahmen: Abstand halten, Kontaktminderung bzw. Kontaktverbot.
Diese erheblichen Einschränkungen führten dazu, dass der normale Alltag radikal verändert wurde. Menschen zu treffen oder Dinge zu tun, die einem sonst immer geholfen und getröstet haben, sind jetzt nicht mehr möglich. Kinder und Enkelkinder dürfen einen nicht mehr besuchen. Auch das Treffen mit Freunden, der Buchclub oder der Sport fallen aus. Wer im Altenheim wohnt, fühlt sich aufgrund des Besucherverbots besonders einsam und isoliert. Aber auch diejenigen, die mit ihrer Partnerin bzw. ihrem Partner zusammen oder in Wohngemeinschaften leben, verspüren einen gewisse Unruhe, da es durch das ständige enge Zusammenleben vermehrt zu Konflikten kommt.
Anzeichen
Diese Veränderungen und Herausforderungen verursachen bei vielen älteren Menschen Stress und/oder Angst, und einige leiden unter depressiven Verstimmungen. Anzeichen für solch eine (Corona bedingte) Altersdepression können sein:
- Traurigkeit
- Einsamkeit
- Schlafstörung
- Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
- Verlust an Interesse bzw. Lustlosigkeit an Dingen, die einem sonst immer Freude bereitet haben
- Motivationslosigkeit, verminderter Antrieb
- Depressive Stimmung sowie negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
- Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
- Suizidgedanken oder -handlungen
- Appetitlosigkeit
- Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
- Körperliche Beschwerden: Schmerzen, Schwindel, Magen-Darm-Probleme
Tipps für Menschen mit Depressionen in Corona-Zeiten
Wegen der Pandemie machen gerade viele Millionen Menschen aller Altersgruppen dasselbe durch. Wichtig ist einmal zu verstehen, dass man nicht allein ist.
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Mehr Informationen
Sorgen und Ängste aber auch gefühlte und reale Bedrohungen stellen in Corona-Zeiten sowohl für Menschen mit als auch ohne psychische Erkrankungen eine große Herausforderung dar.
Prof. Katarina Stengler, Chefärztin der Klinik für Psychatrie, Psychosomatik und Psychotherapie | Helios Park-Klinikum Leipzig
Aber einer Depression ist man nicht machtlos ausgeliefert, jeder kann selbst etwas dagegen tun. Hier ein paar Tipps und Anregungen aus der Psychotherapie, welche sich als wirksam erwiesen haben:
- Seinen Alltag definieren: Da man in diesen ungewöhnlichen Zeiten keine festen Termine oder Verabredungen hat, fehlt einem eine gewisse Tagesstruktur. Durch geregelte Schlaf-, Aufsteh- und Essenszeiten gibt man seinem Tag einen festen Rahmen. Durch positive Aktivitäten und Gewohnheiten wie z.B. Bewegung, Lesen, Schreiben, Musizieren, Basteln, Nähen, Malen etc. kann man die restlichen Stunden seines Alltags gestalten.
- Kontakte pflegen: Trotz sozialer Distanz sollte man weiterhin emotionale Nähe herstellen und seine Kontakte und Beziehungen pflegen. Man könnte sich zum Telefonieren oder Videochatten mit Freunden und der Familie verabreden. Hierbei sollte man aber darauf achten, über leichte Themen zu sprechen und nicht über das Corona-Virus. Wichtig ist auch, Konflikte auf eine ruhige Art zu klären, sich helfen zu lassen und auch selbst anderen Menschen zu helfen.
- Negative Entscheidungen vermeiden: Viele Menschen haben im Moment wenig bis nichts zu tun. Doch anstatt den ganzen Tag Fernzusehen, Computerspiele zu spielen oder sinnlos im Internet zu surfen, ist jetzt die richtige Zeit Projekte anzugehen. Egal ob man im Haus/in der Wohnung etwas seit langem reparieren will, ausmisten muss oder ein Fotoalbum gestalten wollte. Nutzen Sie die Zeit als Chance, um sich Weiterzubilden und Dinge zu erledigen, anstatt wertvolle Zeit mit Aktivitäten zu verschwenden, die nicht hilfreich sind. Zudem sollte man auf seine Schlafhygiene achten, also zu geregelten Zeiten schlafen gehen und aufstehen, anstatt lange wach zu bleiben oder bis mittags zu schlafen. Auch eine gesunde Ernährung und wenig bis keinen Alkohol sind gerade jetzt besonders wichtig.
- Seriöse Informationsquellen nutzen: Seit März 2020 wird jeden Tag über das Corona-Virus in den Medien berichtet. Natürlich ist es wichtig, sich darüber zu informieren und auf dem aktuellen Stand zu bleiben, vor allem mit den Maßnahmen. Allerdings sollte man ausschließlich seriöse Quellen bevorzugen und Nachrichten maximal ein- bis zweimal täglich konsumieren.
- Konkrete Übungen für den Alltag: Man sollte nicht zwanghaft gegen die Traurigkeit ankämpfen in der Hoffnung sie so zu beseitigen. Lassen Sie die Traurigkeit ruhig zu! Gerade jetzt in einer Krisenzeit gehört es zum Leben dazu traurig und verwirrt zu sein. Man sollte sich eingestehen, dass es völlig normal und menschlich ist, dass so eine Situation alle möglichen Gefühle auslöst. Um mit diesen Verstimmungen umgehen zu können, gibt es die Möglichkeit durch Yoga, Meditation und weitere Übungen Entspannung, Wohlbefinden und Achtsamkeit auszuüben.
Wie können Angehörige helfen?
Angehörige der Betroffenen sind sehr wichtig, da sie durch ihre Unterstützung helfen einen Alltag zu definieren und aufrechtzuerhalten. Sie können Aufgaben übernehmen aber auch neue verteilen, um den Betroffenen so eine gewisse Pflicht zu geben. Zudem geben Angehörige den Betroffenen Hoffnung und lenken ihren Blick auf eine positive Zukunft.
Bei einer sehr schweren und akuten Depression können Angehörige auch einen Arzt aufsuchen, um nach Rat zu fragen oder einen Termin für Betroffenen zu vereinbaren. Idealerweise begleiten sie sie auch dabei, sofern dies unter den Schutzmaßnahmen möglich ist.
Wo finden Betroffene Hilfe?
In Krisenzeiten Hilfe aufzusuchen und anzunehmen ist völlig verständlich und nichts wofür man sich schämen sollte. Auch während der Corona-Pandemie ist dies persönlich und telefonisch möglich:
- Bei Ärzten ihres Vertrauens
- Bei Betroffenenvereinen
- Bei der Selbsthilfe
- Bei der Deutschen Depressionshilfe
- Bei Krisentelefonen oder der Telefonseelsorge unter 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222
- Bei Kriseninterventionszentren für Angst und Panik
Unser Ratgebertipp: Unterschied zwischen Depression und Demenz.
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