Tariftreuegesetz: Auswirkungen der gestiegenen Pflegeheimkosten im September 2022 und die Folgen

Seit dem 1. September 2022 gilt die Tarifliche Entlohnung in der Pflege für alle. Nur Pflegeheime und ambulante Pflegedienste, die ihre Mitarbeiter in der Pflege und Betreuung nach Tarif bezahlen, können mit den Pflegekassen abrechnen. Dadurch werden die Pflegekräfte jetzt besser bezahlt, aber wie hat sich die Gesetzesänderung auf die Pflegeheimkosten, die Pflegebetreiber, und die Pflegekunden seit September 2022 ausgewirkt? 

Eigenanteile um 30 Prozent erhöht 

Der Krankenkassenverband vdek erstellt regelmäßig Statistiken zu den Pflegeeigenanteilen. Die Kosten für einen Pflegeheimplatz sind in den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als die Renten. Im Schnitt kostet ein Heimplatz 8-10 Prozent mehr als im Vorjahr. Derzeit liegt der Eigenanteil für die Betreuung in Pflegeheimen im ersten Jahr durchschnittlich bei 2.200 Euro. Ab dem dritten Jahr sind es etwa 1.600 Euro. Dass die Kostenanpassung des Eigenanteils (28 Prozent aller Heime insgesamt) im September 2022 dem Tariftreuegesetz zuzuordnen ist, bestätigt die Kostenanalyse von pflegemarkt.com, wobei sich ein deutlicher Unterschied in den Kostenänderungen abhängig von der Art des Betreibers zeigt.

 

Prozentuales Kostenwachstum September 2022 | Quelle: pflegemarkt.com

Die größte Kostensteigerung seit September 2022 hatten die privaten Betreiber im Bereich des einrichtungseinheitlichen Eigenanteils (EEE), diese liegt bei 31,2 Prozent. Viele freigemeinnützige Betreiber haben mit der Tarifpflicht kein großes Problem, da sie bereits vor dem Tariftreuegesetz nach einem Tarif bezahlt haben. Die hier getätigten Preissteigerungen sind also eher anderen Einflussfaktoren wie der Inflation zuzuschreiben. 

Die Pflegeheime, die im September 2022 eine Kostenanpassung vorgenommen haben, hatten einen Mittelwert von 954,07 Euro für ihren EEE während der Bundesschnitt bei 1.010,21 Euro lag. Nach der Anpassung liegt dieser Wert nun bei 1.138,38 EUR im Schnitt. Die Kosten für den EEE stiegen in Pflegeheimen im Durchschnitt um mehr als 19 Prozent. 

Kostenzunahme beim EEE nach Tariftreuegesetz | Bild: eigene Darstellung, Datenquelle: pflegemarkt.com

Der monatliche Eigenanteil an den Kosten für einen Pflegeheimplatz ist für viele Pflegebedürftige somit nicht mehr oder noch geradeso bezahlbar.


Weitere Erhöhungen durch Inflation 

Die Inflationsrate in Deutschland ist im Oktober 2022 auf 10,4 Prozent gestiegen. Im September 2022 lag die Rate noch bei 10 Prozent. Vor allem steigende Energie- und Lebensmittelpreise sorgen für einen neuen Höchststand. Steigende Preise für Strom, Sprit, Heizung, Lebensmittel und Medikamente kurbeln vor allem die Eigenanteile (EEE) der Pflegeheime in die Höhe. Für manche Einrichtungen, die ihre Kosten im Bezug auf das Tariftreugesetz schon Anfang des Jahres angepasst haben, heißt es jetzt durch die steigenden Energiekosten nochmals nachzulegen. Zum Jahresende wird bei vielen Pflegeeinrichtungen ein zusätzlicher Preisanstieg bemerkbar werden, da die Gaslieferverträge die noch zu günstigeren Preisen laufen, zum Ende des Jahres auslaufen werden und neue, teurere Verträge in Kraft treten. 

Die Inflation, die wir in der freien Wirtschaft erleben ist besonders für ambulante Pflegedienste mit 15-20 Mitarbeitern ohne großen Träger, eine Herausforderung. Ein ambulanter Pflegedienst, der in einem ländlichen Raum im Umkreis von 20 km tätig ist, der durch die Tarifbindung und zusätzlich durch steigende Spritkosten einen enormen Kostenschub hat, aber durch den ländlichen Raum vielleicht nicht die Pflege Kunden hat die privat so viel Zahlen können, schrumpft sein Budget ein. Dies hat zur Folge, dass so ein Pflegedienst seine Pflegeleistung nicht mehr im selben Umfang anbieten kann bei gleich gebliebenem Bedarf der Pflegekunden. Werden es kleine ambulante Dienste so perspektivisch schaffen können?  

 


Wie die Erhöhung der Pflegekosten die Pflegekunden betrifft 

Man hört immer wieder von den Angehörigen, dass sie den fünfzehnten Pflegedienst anrufen, der ihnen sagt keine Kapazitäten zu haben und dass obwohl die Mutter bzw. Der Vater bereits übermorgen aus dem Krankenhaus kommt. Das bedeutet, dass man sich als pflegender Angehöriger selbst kümmern muss wie die Versorgung aussieht und im wahrsten Sinne des Wortes selbst anpacken muss. Und dabei auch auf das eigene Geld schauen muss, was man ausgeben kann, um diese Versorgung sicher zu stellen. Da man bei Pflegebedürftigen, die ambulant zu Hause versorgt werden, einzelne Pflegeleistungen nach Bedarf einkauft, muss man bei knappen finanziellen Mitteln auf Pflege- oder Betreuungsleistungen verzichten. Auf lange Sicht droht in solchen Fällen eine Unterversorgung.  

Pflege wird teurer, das hat auch Bundesgesundheitsminister Herr Spahn in der letzten Legislaturperiode gesagt, aber dass auch die Gesellschaft bereit sein muss dafür zu zahlen.   

Die Kosten für einen Platz im Pflegeheim müssen die meisten Menschen aus ihren laufenden Bezügen bezahlen, wie etwa Rente und Pflegegeld. Da die Pflegekassen nur einen Teil der Kosten übernehmen, wachsen die Belastungen für Pflegebedürftige und deren Angehörige. Wenn das eigene Privatvermögen ausgeschöpft ist um zum Beispiel die Pflege im Heim zu finanzieren, dann springt das Sozialamt ein und man wird zum Sozialhilfeempfänger. Das Sozialamt kann danach Elternunterhalt von den Kindern der Pflegebedürftigen verlangen, vorausgesetzt die Kinder haben ein Jahresbruttoeinkommen ab 100.000 Euro.  

Je nach Region und Bundesland sieht man, dass es eine größere Anzahl an Sozialhilfeempfänger gibt und es könnte sein, dass sich diese Zahl in den nächsten Jahren nach oben bewegen wird. 

Laut BIVA-Pflegeschutzbund ist der Anteil der Bezieher von „Hilfe zur Pflege“ in den letzten Jahren immer weiter gestiegen und liegt aktuell bei etwa 40 Prozent. Aufgrund der Kostenerhöhungen ist ein weiterer Anstieg der Sozialhilfeempfänger zu erwarten. 

 


Pflegeversicherung als Kaskoversicherung – ist das die Lösung?

Das Tariftreuegesetz hat zu einer besseren Bezahlung für Pflegende und zugleich zu einer Kostenexplosion der Pflegeheimkosten geführt. Die Inflation, die wir in der freien Wirtschaft erleben, erschwert alles zusätzlich. Und es sind leider noch immer keine klaren politischen Maßnahmen erkennbar, um den schnellen Anstieg der Eigenanteile für Pflegeheimbewohner zu begrenzen. Viele Pflegeheimbewohner sowie Pflegebedürftige und deren Angehörigen, die auf Hilfe angewiesen sind, leiden unter den steigenden Kosten und können sich die benötigte Palette an Pflegedienstleistungen nur so weit das Budget reicht leisten. Es droht die Gefahr einer Unterversorgung und immer mehr Menschen sind auf Sozialhilfe angewiesen.

Die Pflegeversicherung ist ein Konstrukt, das überdacht werden sollte, ohne die Belastungen für diejenigen zu erhöhen, die davon betroffen sind. Der BIVA-Pflegeschutzbund fordert schon seit längerer Zeit, dass die Pflegeversicherung wie eine echte Kaskoversicherung wird. Das heißt, der Pflegebedürftige sollte einen fixen Beitrag leisten und das Risiko, das drüber hinausgeht, sollte von der Pflegeversicherung übernommen werden. Durch diese Maßnahme könnte man dem Armutsrisiko, der drohenden Unterversorgung und dem steigenden Anteil der Sozialhilfeempfänger entgegenwirken.  

Die weitere Kostensteigerung in der Zukunft ist unabsehbar und am Ende droht auch die Schließung von vielen Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten, die durch die steigenden Pflegeheimkosten ihre Bewohner und Pflegekunden verlieren werden. Denn diese sind nicht immer in der Lage, die erhöhten Eigenanteile für die Betreuung im Pflegeheim zu stemmen. Zudem bleibt trotz dem eingeführten Tariftreuegesetzt und dadurch besserer Bezahlung der Pflegefachkräfte, der Pflegefachkräftemangel weiterhin bestehen. Die Bewohner können nicht mehr angemessen betreut werden, da immer weniger Pflegekräfte zur Verfügung stehen. 

Wenn auch Sie in diesen ungewissen Zeiten nachhaltig zahlungsfähige Pflegekunden für sich gewinnen möchten oder zusätzliches qualifiziertes Pflegepersonal suchen, dann helfen wir Ihnen gerne weiter mit unserer kostenlosen Beratung zur Kunden- und Personalgewinnung in der Pflege.  

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