Neues Betreuungsrecht seit dem 1. Januar 2023

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist das Betreuungsrecht?
  2. Modernisiertes Betreuungsrecht
  3. Ehegattennotvertretungsrecht
  4. Quellenangabe

Was ist das Betreuungsrecht?

Seit dem 1. Januar 2023 gilt das neue Betreuungsrecht. Damit wird die rechtliche Betreuung in Deutschland umfassend reformiert. Ziel ist, dass Menschen mit Beeinträchtigungen weiterhin selbst bestimmt leben können und ihre Wünsche als ausschlaggebend bei allen Entscheidungen und Handlungen, die ein/e Betreuer*in im Rahmen ihrer gesetzlich festgelegten Aufgaben trifft und ausführt, berücksichtigt werden. 

Falls Betroffene aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit nicht mehr in der Lage sind, ihre Rechtsangelegenheiten selbst zu regeln und keine oder eine unzureichende Vorsorgevollmacht erteilt haben, so muss das Gericht eine Person als Rechtsbeistand anweisen, die ihnen hilft. Alles zum Thema „gesetzliche/r Betreuer*in“ haben wir bereits hier ausführlich zusammengefasst.

Die neuen Regelungen sollen betreuten Menschen mehr Mitsprache bei der Gestaltung ihres Lebens geben sowie eine bessere Qualität in der rechtlichen Betreuung.

Diese Reform beinhaltet die größte Änderung des Betreuungsrechtes seit dessen Einführung und der Abschaffung der Entmündigung im Jahr 1992. Ferner wird ein begrenztes Notvertretungsrecht für Ehegatten in gesundheitlichen Belangen eingeführt.

 

Neuerungen für Betreuer*innen und Betreute | Quelle: Kampus Production – Pexels

Modernisiertes Betreuungsrecht

Das neue Betreuungsrecht gilt seit dem 1. Januar 2023 für Erwachsene, welche aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage sind, ihre Rechtsangelegenheiten komplett oder nur teilweise zu regeln. 

Wir haben einige dieser Neuerungen für Sie zusammengefasst:

 

Stärkung der Selbstbestimmung betreuter Menschen

Das neue Betreuungsrecht ist so ausgestattet, dass die Selbstbestimmung unterstützungsbedürftiger Menschen gestärkt wird, und somit den Anforderungen von Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention entspricht. Es enthält:

  • Erforderlichkeitsgrundsatz: Eine Betreuung wird nur dann aufgesetzt, wenn andere Hilfsmöglichkeiten (Familienangehörige, Freunde, soziale Dienste und/oder die Erteilung einer Vorsorgevollmacht) nicht zur Verfügung stehen.
  • Erweiterte Unterstützung: Betreuungsbehörden sind gesetzlich verpflichtet, betroffene Personen so zu unterstützen, dass eine rechtliche Betreuung nicht mehr notwendig ist.
  • Pflicht zur Wunschbefolgung: Der/die Betreuer*in muss die Angelegenheiten der betroffenen Person so verwalten, dass diese ihr Leben gemäß ihren Wünschen gestalten kann. Gleichzeitig muss der/die Betreuer*in die Umsetzung der Wünsche rechtlich unterstützen.
  • Das Betreuungsgericht muss die Präferenzen der betreuten Person bei der Betreuerauswahl berücksichtigen.
  • Schutz des Wohnraums: Der Wohnraum einer betreuten Person darf vom/von der Betreuer*in nur dann aufgegeben werden, wenn dies dem Willen der betreuten Person entspricht.
  • Gerichtliche Aufsicht: Die Wünsche der betreuten Personen dienen als zentraler Maßstab bei der Kontrolle und Aufsicht. Sollte der/die Betreuer*in die Wünsche nicht einhalten, ist es die Pflicht des/der zuständigen Rechtspfleger*in, die betreute Person persönlich zu hören.
  • Der/die Betreuer*in hat gegenüber dem Gericht eine Berichtspflicht einzuhalten. 

In dem neuen Betreuungsrecht ist ebenfalls die Sicherung der Qualität der beruflichen Betreuung enthalten. Diese wird vor allem durch die Einführung eines Mindeststandards für den Zugang zum Betreuerberuf verbessert.

 

Ehrenamtliche Betreuer*innen und Betreuungsvereine

Eine weitere Reform ist die Anbindung von freiwilligen Betreuer*innen an Betreuungsvereine. Ehrenamtliche Betreuer*innen sollen nun ein Abkommen mit einem anerkannten Betreuungsverein über Begleitung und Unterstützung eingehen. Personen ohne familiären Bezug oder persönliche Verbindung zum/zur Betreuten dürfen demnach nur eingesetzt werden, wenn sie nachweisen können, dass eine solche Vereinbarung getroffen wurde. Dies stellt eine stetige und kompetente Unterstützung und Beratung sicher.


Ehegattennotvertretungsrecht 

Durch die Reform des Betreuungsrechts, die das Bürgerliche Gesetzbuch um Ergänzungen erweitert, wird Ehepartner*innen ein begrenztes Recht auf gegenseitige Vertretung in Angelegenheiten der Gesundheitssorge gemäß §  1358 BGB eingeräumt. Diese Notvertretung greift dann, wenn einer der Partner*innen aus gesundheitlichen Gründen seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann. Sie umfasst insbesondere die Einwilligung in ärztliche Eingriffe und den Abschluss von Behandlungsverträgen und ist auf maximal sechs Monate begrenzt. Zu beachten ist, dass dieses Ehegattennotvertretungsrecht nicht vorrangig zu einer bestehenden Betreuung oder Vorsorgevollmacht ist.


Quellenangabe:

Bundesministerium der Justiz: Neues Vormundschafts- und Betreuungsrecht ab 1. Januar 2023 https://www.bmj.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/1229_Neues_Vormundschafts_und_Betreuungsrecht.html (zuletzt abgerufen am 25.01.2023)

Bundesministerium der Justiz: Was ändert sich 2023? Das Wichtigste im Überblick https://www.bmj.de/SharedDocs/Artikel/DE/2022/1230_Aenderungen_zum_Jahreswechsel.html (zuletzt abgerufen am 24.01.2023)

N-TV.de: Das ändert sich 2023 für Betreuer und Betreute https://www.n-tv.de/ratgeber/Reform-des-Betreuungsrechts-Das-aendert-sich-2023-fuer-Betreute-und-Betreuer-article23709882.html (zuletzt abgerufen am 24.01.2023)

2 Antworten

  1. Irl Erika sagt:

    Unabhängig zum gesetzlichen Vormundschafts- und Betreuungsrecht möchte ich auf das Gendern hinweisen.
    Der Text liest sich für mich schwierig. z.B. der/die Betreuer: in, Betreuer: innen, Rechtspfleger: in
    Für mich (Jahrgang 1959) bedeutet ein Doppelpunkt, hier wird was aufgezählt.
    Aber das „in“ mit Abstand zum Doppelpunkt passt nicht in den Text… was ist gemeint?? Also nochmal lesen… Und das zu diesem schwierigen Thema!!!
    Dann heißt es da aber auch: „persönliche Betreuung zum Betreuten dürften demnach…..“ = männlich für mich; passt somit nicht zu Ihrer Gendersprache.
    Für mich ist das allgemein und somit absolut in Ordnung!!!
    Frage mich aber schon, warum hier keine Unterscheidung bei Ihnen gemacht wird . Richtig für mich wäre: „persönliche Betreuung zur betreuten Person“.

    Gendern ist nichts für mich. Ich habe Bankkaufmann gelernt, nicht Bankkauffrau.
    Mit freundlichen Grüßen, Erika Irl

    • Sonja Schüller sagt:

      Guten Tag Frau Irl,

      vielen Dank für Ihre Anmerkungen zum Gendern.
      Wir versuchen unsere Beiträge möglichst inklusiv und verständlich zu verfassen, verstehen aber auch, dass das Gendern das Lesen erschweren kann.
      Wir haben diesen Beitrag nun mit Ihrem Feedback angepasst, dabei jedoch nicht auf das Gendern verzichtet.
      Wir hoffen der Beitrag liest sich nun besser.

      Mit freundlichen Grüßen,
      Sonja Schüller

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